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Bevölkerungsferne Einrichtung-betr.: "Reden, nicht schießen" (Nicht die UNO muß reformiert werden, sondern das politische Denken über sie muß anders werden) von Ernst-Otto Czempiel, taz vom 29.6.911

betr.: „Reden, nicht schießen“ (Nicht die UNO muß reformiert werden, sondern das politische Denken über sie muß anders werden) von Ernst-Otto Czempiel,

taz vom 29.6.91

Gerade wenn das Ziel eine UNO als „Rathaus der Welt“ sein soll, wie es der Autor anvisiert, ist eine Reform der recht undemokratischen Struktur der UNO unumgänglich.

Eine bloße Neuinterpretation der UNO-Funktion im Sinne des Autors könnte zwar einen ersten Schritt darstellen; aber die UNO-beherrschenden Staaten lassen nirgends erkennen, daß sie dafür — freiwillig ihre Rechte nicht in Anspruch nehmend — der Generalversammlung (GV) den dafür nötigen Spielraum geben würden.

Die GV tag einmal im Jahr. Außerordentliche Versammlungen erfolgen nur auf Antrag des Sicherheitsrates oder einer Mehrheit der Mitgliedsstaaten. Die GV kann nur Untersuchungen veranlassen und „Empfehlungen“ aussprechen. Der Sicherheitsrat kann tun, was ihm beliebt, und der Vetomechanismus der fünf Großmächte hat wiederum innerhalb des Sicherheitsrates das letzte Wort.

Diese Struktur wurde aus der Kräftestruktur des Zweiten Weltkrieges beziehungsweise der unmittelbaren Nachkriegszeit heraus geschaffen, um diese zu zementieren; lediglich China wurde als Mit-Oligarch noch aufgenommen. Wie sehr diese Struktur die UNO zu einem bloßen Deckmantel der Interessen sogar eines einzigen Staates (und einiger Untergeordneter) und der hinter diesem stehenden finanziellen und industriellen Interessengruppen verkommen lassen kann, hat der Golfkrieg veranschaulicht. Selbst noch extremere Fälle, wo selbst ohne Ermächtigung durch den Sicherheitsrat Zwangsmaßnahmen von vornherein pauschal genehmigt sind, stehen heute noch in der UNO- Charta — sie betreffen die ehemaligen „Feindstaaten“.

Gerade eine solche bevölkerungsferne Einrichtung — die in ihren Willensbildungsprozessen auch kaum besser sein kann als die einzelnen Staaten — benötigt dringend eine größere Transparenz und Kontrolllierbarkeit ihrer Arbeit. Nur dann wären auch jene Forderungen, der UNO mehr Gewicht zu geben, zu rechtfertigen.

Ängste vor einer plötzlichen Chaotisierung der UNO-Struktur, wie sie viele Politiker haben, sind durchaus verständlich. Aber diese Strukturfrage einfach nur verdrängen zu wollen, statt sie überhaupt zu bearbeiten, kann auch gefährlich werden. Daß sie bewährt sei, kann ja nicht ohne weiteres unterstellt werden. Also ist es das gute Recht jedes/r Bürgers/Bürgerin, darüber nachzudenken. Hermann Benz, Mitglied im SprecherInnenkreis der Christen/innen bei den Grünen, Villingen-Schwenningen

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