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Libanesische Raketen gegen die PLO

■ Die libanesische Armee geht weiter massiv gegen PLO-Stellungen im Süden des Landes vor/ PLO-Kommentator in Tunis wirft der Regierung von Elias Hrawi „Verrat“ an den Palästinensern vor

Sidon/Tunis (afp/ap/taz) — Zu schweren Gefechten zwischen der libanesischen Armee und palästinensischen Milizen kam es am Donnerstag östlich von Sidon (Saida) im Südlibanon. Bereits am Mittwoch abend und in der Nacht auf Donnerstag war von schweren Gefechten berichtet worden, in deren Verlauf auch Raketen eingesetzt wurden sein sollen. Das libanesische Vereteidigungsministerium meldete am Mittwoch abend, libanesischen Truppen seien in das Dorf Mijeh Mijeh eingedrungen, das an ein gleichnamiges Flüchtlingslager grenzt. Das Dorf sei dabei „von allen bewaffneten Elementen gesäubert“ worden, hieß es in Beirut.

Die von Syrien unterstützte libanesische Regierung hatte am Mittwoch abend angekündigt, die Bürgerrechte der im Libanon lebenden 350.000 palästinensischen Flüchtlinge zu garantieren. In diesem Zusammenhang hatte die Regierung auch einen Beschluß außer Kraft gesetzt, der den Palästinensern den Zugang zu zahlreichen Berufen verbot. Zudem wurde eine Ministerkommission von der Regierung beauftragt, einen Dialog mit den Palästinensern aufzunehmen.

Die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) weigert sich, vor der Aufnahme eines Dialogs ihre Stellungen bei Sidon zu räumen. Die palästinensische Nachrichtenagentur 'Wafa‘ warf der libanesischen Regierung Verrat an den Palästinensern vor. Die Angriffe der Armee richteten sich gegen die PLO und dienten den Israelis. Für die Palästinensische Befreiungsorganisation ist dies bereits der dritte Rückschlag im Libanon in zehn Jahren. 1982 war sie von der israelischen Armee aus Südlibanon und Beirut verdrängt worden, 1983 wurden die PLO-Kämpfer von Syrien aus dem Norden des Landes vertrieben. Seitdem hatten sie sich im Süden neuorganisiert.

Die libanesische Armee kündigte gestern an, weitere palästinensische Stellungen in der Nähe des Lagers Ain al-Hilweh — dem größten Palästinenserlager im Libanon — einnehmen zu wollen, wenn sich die PLO nicht zuerst zum Abzug bereiterklärt.

Israel begrüßt Kämpfe im Libanon

Tel-Aviv (taz) — Nach israelischen Angaben lagen die Palästinenserlager östlich von Sidon in der Nacht auf Donnerstag unter Dauerbeschuß. Demnach feuerten die libanesischen Truppen durchschnittlich 8 Artilleriegeschosse pro Minute auf die Lager ab. Die Zahl der palästinensischen Opfer sei in der Nacht auf mindestens 60 gestiegen, hieß es.

General Jizchak Mordechai, israelischer Kommandant an der Nordfront und der politisch verantwortliche für israelische Militäraktionen im Libanon, Uri Lubrani, der auch kürzlich als Sonderbeauftragter die äthiopisch-israelische Luftbrücke einfädelte, beobachteten den Vormarsch der libanesischen Truppen am Mittwoch vom Hauptquartier der von Israel unterstützten Südlibanesischen Armee (SLA). Das Camp liegt in dem Dorf Falus, östlich von Sidon. Lubrani erklärte, Israel habe nichts gegen das Vorgehen der libanesischen Regierung und drückte dabei die Hoffnung aus, daß die libanesischen Truppen die Palästinenser entwaffnen werden.

Diese Hoffnung wird in Israel allgemein geteilt. Die der Arbeiterpartei und der Gewerkschaft Histadrut nahestehende Zeitung 'Davar‘ begrüßte in einem Leitartikel gestern die „Bändigung der Palästinenser im Süden Libanons“ und wies darauf hin, daß Syrien, ohne dessen Zustimmung und Unterstützung das libanesische Vorgehen nicht möglich wäre, „streng darauf bedacht ist, daß an den syrisch-israelischen Trennungslinien im Libanon die Ruhe bewahrt bleibt“. Israel müsse daran interessiert sein, daß „ein solches de facto Stillstandsabkommen auch im Libanon erzielt wird.“

Unterdessen formulierte Israels Stabschef Barak die Bedingungen für ein solches Agreement: Das israelische Militär besteht auch weiterhin auf dem offenen libanesischen Luftraum für die israelische Luftwaffe sowie der ungestörten Benutzung der Gewässer vor der libanesischen Küste durch die israelische Marine und dem Erhalt der von Israel selbst deklarierten sogenannten Sicherheitszone im Südlibanon, in der israelische Truppen uneingeschränkt agieren können. Eine besondere Rolle fällt dabei der strategisch wichtigen Enklave Jezzin, östlich von Sidon, zu. Die israelischen Militärs betrachten Jezzin als Teil der Sicherheitszone und gehen davon aus, daß die libanesische Regierung diesen Anspruch respektiert. Sollten die libanesischen Truppen die Enklave angreifen, würde die Südlibanesische Armee den Ort mit israelischer Unterstützung verteidigen. Amos Wollin

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