Umwelt contra Beschleunigung

■ Viele Änderungsanträge vor Bundesratssitzung über Beschleunigungsgesetz/ Streit um Geltungsbereich, Umweltverträglichkeitsprüfung und Linienführung/ Kritik von der FDP

Berlin (dpa/taz) — Gegen den von der Bundesregierung beschlossenen Gesetzentwurf zur Beschleunigung der Verkehrsplanungen in den neuen Bundesländern haben die deutschen Natur- und Umweltverbände protestiert. Einen Tag vor den Beratungen im Bundesrat appellierten sie gestern in Bonn an die Ministerpräsidenten der Länder, den Entwurf insgesamt zurückzuweisen und für eine „dringend nötige Kurskorrektur in der Verkehrspolitik zu sorgen“. Dem Bundesrat selbst liegen zahlreiche Änderungsanträge seiner Ausschüsse zum Entwurf vor.

Umstritten sind in den Änderungsanträgen nahezu alle Kernpunkte des Gesetzes. So wollen einige Länder die Linienführung des Verkehrsministers in der Verkehrswegeplanung genausowenig akzeptieren wie den Wegfall ihrer Raumordnungsrechte. Westdeutsche Länder, an der Spitze Bayern, möchten nach wie vor den Geltungsbereich des Gesetzes über die fünf neuen Bundesländer hinaus ausdehnen. Massive Kritik von den Ländern gab es auch am Wegfall der Umweltverträglichkeitsprüfung in einem frühen Stadium der Straßen- und Eisenbahnplanung.

Der Länderkritik schloß sich gestern auch der umweltpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Gerhart Baum, an. Insbesondere könne die vorgesehene „generelle Kappung“ der vorgezogenen Bürgerbeteiligung nicht akzeptiert werden. Ebenso dürfe das erst vor kurzem eingeführte Raumordnungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung nicht für Ostdeutschland beseitigt werden.

Die Umweltverbände hatten den Entwurf „als einen schwerwiegenden Angriff auf die Umwelt wie auch auf die demokratischen Mitwirkungsrechte von Bürgern und Umweltorganisationen“ gekennzeichnet. Kritisiert wurde vor allem, daß die Planungen der Behörden nicht oder erst spät öffentlich bekanntgemacht würden. „Das Gesetz ist ein Generalangriff auf Natur und Umwelt sowie auf die Bürgerrechte. Die Eile wird sich auch als planungsrechtlicher Bumerang erweisen“, sagte Peter Westenberger vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Dorit Lehrack von Greenpeace forderte zunächst Bedarfsplanungen für den Verkehrsausbau. Vorrang gab sie der Modernisierung des ostdeutschen Bahnnetzes.

Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald betonte, die langen Planungszeiten von bis zu 20 Jahren resultierten nicht aus der Bürgerbeteiligung, sondern aus innerbürokratischen Abläufen. Sie forderte eine Qualitätskontrolle beim Eingang von Planungen. Dagegen stärkte der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) gestern Minister Krause den Rücken und verlangte eine rasche Verabschiedung. Der schnelle Ausbau der Verkehrsnetze sei eine entscheidende Vorbedingung für die wirtschaftliche Erholung Ostdeutschlands, schrieb DIHT-Präsident Hans Peter Stihl. ten