»Jede Lösung ist uns recht«

■ Bürgerliches Aktionsbündnis zur Rettung der Marx-Engels-Ausgabe

Die Arbeit an der historisch- kritischen Gesamtausgabe der Werke von Marx und Engels (MEGA) ist akut gefährdet. Wenn nicht sofort etwas geschieht, muß mit dem Abbruch dieses Projekts gerechnet werden, warnten am Freitag Wissenschaftler und Politiker in Berlin. Der Bündnis-90/Grüne-Politiker Wolfgang Ullmann forderte die Treuhandanstalt auf, die kürzlich gegründete Berliner MEGA-Stiftung arbeitsfähig zu erhalten, indem zumindest ein Teil einer PDS-Spende an die Stiftung freigegeben wird. Die Treuhand hatte im Februar 1991 die Konten des gemeinnützigen Vereins MEGA-Stiftung gesperrt, weil die Spende aus PDS-Vermögen stammte. Deren Ursprung soll überprüft werden.

Ullmann sowie der stellvertretende SPD-Vorsitzende Wolfgang Thierse und Wissenschaftler der Freien Universität Berlin nannten es unerträglich, daß sich die Treuhandanstalt beziehungsweise die Unabhängige Kommission zur Überprüfung der Vermögen der Parteien der DDR bisher nicht zu einem Kompromiß bereitgefunden hätten. Nachdem in internationaler Zusammenarbeit 44 der auf 130 Bände veranschlagten Marx-Engels-Gesamtausgabe veröffentlicht wurden, drohe wie schon einmal unter Stalin und Hitler das »Aus« für dieses ehrgeizige Projekt. Nach Angaben von Ullmann würden die Zinsen aus der 27,5-Millionen-Mark-Spende der PDS ausreichen, um mit 30 Mitarbeitern jährlich sechs weitere Bände herausgeben zu können. Aber auch die Verfügung über die Zinsen sei abgelehnt worden.

»Jede Lösung ist uns recht, die die Fortsetzung der Edition sichert«, sagte der Berliner Philosoph und Marxismus-Spezialist Wolfgang Fritz Haug. Man müsse sofort eine finanzielle Überbrückungsmöglichkeit schaffen, da sonst die Gemeinschaft der Spezialisten auseinanderfalle. »Die Aufarbeitung von 70 Jahren Oktoberrevolution bedarf eines freien Blickes auf die Klassiker«, begründete Thierse das Engagement von inzwischen weit über 100 west- und ostdeutschen Politikern, Künstlern und Wissenschaftlern, die MEGA zu retten. Der Aufruf zur Rettung der Edition wird unter anderen von den SPD-Politikern Volker Hauff, Björn Engholm und Peter Glotz unterstützt. Auch der Rektor der Humboldt-Universität, Heinrich Fink, sowie die Schriftsteller Martin Walser und Walter Jens setzen sich für die MEGA ein. dpa