: Kaiser ohne Glanz
■ Französische Besitztümer Bokassas versteigert
Die Bewohner der französischen Kleinstadt Romorantin, 150 Kilometer südlich von Paris im Waldgebiet der Sologne nahe der Loire gelegen, trauern ihrem Gast noch heute nach. Damals, in den goldenen siebziger Jahren, spazierte der selbsternannte Kaiser Zentralafrikas, Jean-Bedel Bokassa, mit Geldkoffern durch die Straßen und kaufte, was ihm gefiel. Manche Schaufensterauslagen kaufte er komplett. Ein Juwelier wurde nicht nur seine gesamte Edelsteinsammlung los, sondern auch noch die Vitrine. Und im Umland erwarb der Diktator eine Reihe prächtiger Landgüter.
Die Zeiten haben sich geändert. Bokassa, der sein Land ausgeplündert und tyrannisiert hatte, wurde 1979 gestürzt und in Abwesenheit vor Gericht gestellt, unter anderem wegen Kannibalismus. Seit 1987 sitzt er eine lebenslange Haftstrafe in seiner Heimat ab, die inzwischen wieder „Zentralafrikanische Republik“ heißt.
Außerdem ist er hochverschuldet. Am Donnerstag organisierte seine Hausbank, die „First Cura¿ao International Bank“, eine Großversteigerung seiner Güter.
Für 3,5 Millionen Francs (eine Million Mark) ergatterte ein reicher Immobilienhändler das Schlößchen von Villemorant bei Neung-sur-Beuvron, von Bokassa 1973 als Familienwohnsitz erworben. Der Bauernhof von Cotensière bei Selles-Saint-Denis, halbverfallen und an einen Wildzüchter vermietet, geht mit seinen 61 Hektar Grund für 2,5 Millionen Francs an den Rüstungskonzern GIAT-Industries. Das Restaurant „Le Montaugé“ nahe Romorantin, seit über zwanzig Jahren verlassen und vollständig ausgeplündert, brachte hingegen nur wenig ein.
Viel Geld ist das nicht, wenn man bedenkt, daß die Regierung der Zentralafrikanischen Republik, die französischen Steuerbehörden, Bokassas Rechtsanwalt Assouline und andere Gläubiger Hypotheken in Millionenhöhe auf diese Besitztümer halten.
Ein Kleinod bleibt dem Exkaiser jedoch erhalten: das Schloß von Neuvy-sur-Barangeon. Der gegenwärtige Mieter: der „Nationale Kämpferring“, eine Organisation im Umfeld der „Front National“. Sie hält hier ihre Sommeruniversitäten ab, bei denen sich die rechtsradikale Szene Frankreichs ein Stelldichein gibt. Hier, da kann man sich sicher sein, wird Bokassa immer offene Türen finden. D.J.
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