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Vergeßt das nicht!-betr.: "Aufbruch vom anderen Ufer", taz vom 28.6.91

betr.: „Aufbruch vom anderen Ufer“, taz vom 28.6.91

Eurer Artikel über die Lesben-/ Schwulenbewegung ist mit Abstand der beste Kommentar, den ich bisher zu lesen bekam. Bleibt für mich (als Betroffenem) nur noch anzumerken, daß die Schwulen, die sich als Talkshowclowns vermarkten lassen, ja eigentlich selber daran schuld sind, wenn die Homosexuellen insgesamt der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Anstatt hinter Themen zu stehen, wie etwa die juristische Gleichstellung von Männerpaaren, oder dafür einzutreten, sich auch am Arbeitsplatz frei bewegen zu können, ohne damit rechnen zu müssen, gekündigt zu werden, sitzen die meisten Schwulen da und belachen die Klamauks ihrer selbst.

Da hilft's dann auch nichts mehr, wenn Schmidt in der Mitternachtsshow öffentlich sagt: „Wir sind eine schwule Sendung!“ Damit wird dem Clown nur noch mehr Schminkpaste ins Gesicht geschmiert.

Warum geben sich die Schwulen nicht so, wie sie wirklich sind? Warum unterstützen sogenannte anerkannte (oder geduldete) Schwule in der Öffentlichkeit Vorurteile als Bild der Schwulen, indem sie sich tuntig und überkandidelt vorstellen?! So schaffen sie sich meiner Meinung nach keinen Zentimeter Boden, um aufrecht zu gehen, so schaffen sie sich nur Feinde!

Anscheinend ist auch hier noch nicht genug passiert, daß die „family“ endlich aufwacht. Der Rechtsradikalismus ist in dem vereinten Deutschland schon so weit fortgeschritten, daß ein Kongreß gegen die „Auschwitz-Lüge“ geplant ist und durchgeführt werden soll.

Einer der wenigen, der erkannt hat, was in Wirklichkeit dahinter steht, hat zum Glück die Veranstaltung untersagt. (Doch wird sie deshalb auch nicht anderswo stattfinden?)

Wenn wir weiter Zuschauer bleiben, dann sind die letzten 20 Jahre, in denen die Homosexuellen ein bißchen mehr Freiheit errungen haben, wie weggeblasen. Dann können sich Schwule wieder verstecken und mit Gittern vor den Szene-Diskos Sicherheit schaffen, um vor Überfällen geschützt zu sein. Der beliebte Volkssport einiger Halbstarker, das „Schwulenklatschen“, gehört auch zum Programm der Neonazis. Vergeßt das nicht! Ralf Hebauf, JVA Butzbach

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