: Ließen Kripo-Beamte die Kugel rollen?
■ Baden-württembergische Kriminalbeamte sollen illegales Glücksspiel gefördert haben
Stuttgart (dpa) — Kriminalbeamte in Baden-Württemberg haben nach Informationen des Nachrichtenmagazins 'Der Spiegel‘ über Jahre hinweg einen illegalen Spielcasino- Ring unterstützt und gefördert. Landespolizeipräsident Erwin Hetger machte am Wochenende in Stuttgart keine Angaben zu den Vorwürfen, teilte aber mit, daß zwei mit verdeckten Ermittlungen in Spielcasinos betraute Beamte des Landeskriminalamtes (LKA) Baden-Württemberg von ihren Aufgaben entbunden worden seien.
Das von Strohleuten gelenkte Netz von Spielsalons in 15 baden- württembergischen Städten von Stuttgart bis zum Bodensee — so der 'Spiegel‘ — sollte den verdeckten Ermittlern des LKA dazu dienen, sich in kriminelle Kreise einzuschleusen. Der Chef des Glücksspielrings, ein 43jähriger Grieche, sei gleichzeitig als V-Mann des Landeskriminalamtes geführt worden. Im Gegenzug habe die Behörde dem Mann ermöglicht, mit illegalem Spiel ein Millionenvermögen zu verdienen.
Polizeipräsident Hetger sagte zu der Entbindung der beiden Beamten: „Das LKA hat bezogen auf die Betroffenen disziplinarrechtliche Vorermittlungen eingeleitet.“ Diese Vorermittlungen wurden allerdings wegen des laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens ausgesetzt. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die beiden LKA- Beamten wegen Beihilfe zum illegalen Glücksspiel. „In Stuttgarter Polizeikreisen“ würden auch Bestechungsvorwürfe erhoben. LKA-Beamte sollen danach beim Glücksspiel mitverdient haben.
Der baden-württembergische Wirtschaftsminister Hermann Schaufler (CDU) soll ebenfalls mit in die Affäre hineingeraten sein. Er habe, als er noch Rechtsanwalt war, den Casino-Unternehmer beraten und vertreten. Schaufler sei auch während seiner Amtszeit als Minister von dem V-Mann nach Zeugenaussagen als Freund und Beschützer bezeichnet worden. Der Minister wies die Vorwürfe entschieden zurück und kündigte eine Strafanzeige gegen das Nachrichtenmagazin an. Schaufler erklärte, er habe den betreffenden Mann zum letzten Mal 1983/84 gesehen und seither keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt. Anderslautende Behauptungen seien „üble Verleumdung“. Auf die Frage, ob er strafrechtlich gegen den 'Spiegel‘ vorgehen wolle, sagte Schaufler: „Aber hundertprozentig. Ich brauche mich überhaupt nicht zu rechtfertigen.“ Wenn ihn jemand mit hineinziehen wolle, dann werde er ihn beim Strafrichter wiedersehen.
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