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Unionsvertrag fast unter Dach und Fach

■ Rußlands Parlament billigt Vertrag im Grundsatz/ Jelzin macht sich für Gorbatschow stark

Moskaus (dpa) — Das russische Parlament will voraussichtlich heute die letzten Änderungsvorschläge für den neuen Unionsvertrag der UdSSR vorlegen. Die Abgeordneten hatten am Freitag das Dokument grundsätzlich gebilligt, sich aber das Recht vorbehalten, die endgültige Fassung noch einmal zu erörtern. Nach einem Bericht der liberalen Zeitung des Moskauer Stadtrats, 'Kuranty‘ vom Samstag gibt es vor allem Differenzen zwischen der Russischen Föderation (RSFSR) und der Unionszentrale über das künftige Steuersystem und den politischen Status der Autonomen Republiken innerhalb der RSFSR.

Der Vertragsentwurf geht auf die sogenannte 9+1-Vereinbarung vom April dieses Jahres zurück, als sich neun von 15 Sowjetrepubliken mit der Unionszentrale auf das neue Vertragswerk über ihre künftigen Beziehungen einigten. Bisher haben dem Dokument Weißrußland, Turkmenistan, Kirgisien, Tadschikistan, Aserbaidschan, Kasachstan und Usbekistan zugestimmt. Die Ukraine hat ihre Entscheidung auf Mitte September verschoben. Dort wächst derzeit die Opposition gegen den Vertrag. Die drei baltischen Sowjetrepubliken Estland, Lettland und Litauen sowie Georgien, Armenien und Moldawien haben angekündigt, daß sie der neuen Union nicht beitreten wollen.

Am Freitag hatte das russische Parlament auch die Delegation bestimmt, die die Schlußverhandlungen für die größte Republik der Sowjetunion führen und den Vertrag unterzeichnen soll. Sie wird laut 'Kuranty‘ vom designierten russischen Präsidenten Boris Jelzin geleitet. Jelzin hatte sich nach Angaben der amtlichen sowjetischen Nachrichtenagentur 'Tass‘ bei der ganztägigen und heftig geführten Debatte persönlich für die grundsätzliche Billigung des neuen Unionsvertrages stark gemacht.

In Kommentaren der liberalen sowjetischen Presse vom Samstag wurde Jelzins Einsatz als Zugeständnis und Hilfe für den sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow vor dem Londoner Wirtschaftsgipfel Mitte Juli gewertet.

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