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Geheimes Atomprogramm im Irak

■ Internationale Atomenergie-Organisation bestätigt geheimes irakisches Atomforschungsprogramm/ Israelischer Wissenschaftsminister befürchtet, daß Bagdad in drei Jahren Atombomben bauen kann

Wien (afp) — Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) in Wien hat gestern die Existenz eines geheimen irakischen Atomforschungsprogramms offiziell bestätigt. Das Programm könne militärischen Zwecken dienen, wenn es nicht wirkungsvoll kontrolliert werde, hieß es in einer Erklärung der IAEO. Nach Angaben eines Sprechers der Organisation gab der Irak erstmals zu, ein halbes Kilogramm leicht angereichertes Uran produziert zu haben. Dabei seien drei verschiedene Anreicherungsverfahren parallel angewendet worden.

„Die Iraker geben vor, daß der Grad der Anreicherung des Urans nicht ausreicht, um eine Atombombe herzustellen, und daß die Masse des produzierten angereicherten Urans begrenzt ist“, sagte der IAEO-Sprecher in Wien. Wenn die Iraker aber über die Technologie der Urananreicherung verfügten und keinen Kontrollen unterworfen sein, könnten sie auch weiter gehen, führte er aus.

Die 38 Mitglieder der Kontrollkommission, die sich seit Samstag im Irak aufhalten, wollen die neuen Anlagen nach Angaben des Sprechers inspizieren und sich das Material und die Ausrüstung zur Urananreicherung genau ansehen. Auch werde sie den Grad der Anreicherung genau prüfen.

Die Vereinten Nationen hatten nach Angaben aus Diplomatenkreisen in New York am Montag aus Bagdad eine vervollständigte Liste der irakischen Atomanlagen sowie des Materials, das atomar genutzt werden kann, erhalten. Bagdad betonte jedoch, alle Einrichtungen dienten lediglich friedlichen Zwecken. Doch bei den Experten der UNO und der IAEO herrsche angesichts dieser Versicherungen Skepsis vor, hieß es von Diplomatenseite in Wien. — In Washington erklärte ein Sprecher des Außenministeriums am Montag abend, die irakische Regierung habe zugegeben, „über ein militärisches Atomforschungsprogramm zu verfügen, entgegen ihrer wiederholten Dementi“. „Um glaubhaft zu sein, muß den irakischen Versprechen konkrete Zusammenarbeit mit den Inspektionsteams der Vereinten Nationen folgen“, sagte der Sprecher.

Der israelische Wissenschaftsminister, Juval Neeman, sagte am Dienstag morgen im israelischen Rundfunk, es müsse verhindert werden, daß der Irak ein neues militärisches Atomprogramm beginne. „Die Tatsache, daß Bagdad angereichertes Uran hergestellt hat, beweist, daß dieses Land in der Lage ist, in zwei oder drei Jahren Atombomben herzustellen“, sagte Neeman, der selbst Atomphysiker ist.

Aga Khan auf humanitärer Mission

Bagdad (ap) — Ein internationales Expertenteam der Vereinten Nationen ist am Montag in Bagdad eingetroffen, um sich über Hilfsmaßnahmen für die unter den Kriegsfolgen leidende irakische Zivilbevölkerung zu informieren. Die Kommission unter Leitung von Prinz Sadruddin Aga Khan will unter anderem sehen, wie es um die Wasser- und Lebensmittelversorgung, die Energieversorgung sowie die Gesundheitsfürsorge bestellt ist. Außerdem geht es um die Lage der kurdischen Flüchtlinge im Land.

Geplant ist auch eine Reise in die Sümpfe im Süden Iraks, wo sich Tausende von Schiiten versteckt halten sollen. Die Regierung in Bagdad hatte bis zum Montag jedoch noch keine Reiseerlaubnis erteilt.

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