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Todesschwadron in Kurdistan

■ Prominenter HEP-Politiker ermordet/ Menschenrechtler vermuten Geheimdienst hinter Terrorwelle

Berlin (taz) — Die Welle von Terroranschlägen einer mysteriösen Geheimorganisation in Türkisch-Kurdistan hat ein erstes Todesopfer gefordert: Die Leiche des Ortsvorsitzenden der Volkspartei der Arbeit (HEP) in Diyarbakir, Vedat Aydin, wurde am Montag morgen mit zahlreichen Schußwunden und zertrümmertem Kopf und linkem Bein neben einer Landstraße gefunden. Der Lokalpolitiker war am Freitag von drei in Zivil gekleideten Männern, die sich als Polizisten ausgaben, aus seiner Wohnung abgeführt worden und seither nicht mehr aufgetaucht. In der Bevölkerung hat der Mord an dem auch im Ausland bekannten sozialdemokratischen Kurden große Unruhe ausgelöst. Für heute hat die Verwaltung der Großstadt Diyarbakir zum Generalstreik aufgerufen.

Aydin war wegen des Bekenntnisses zu seinem Kurdentum aus der Sozialdemokratischen Partei ausgeschlossen worden und hatte zusammen mit anderen verstoßenen Sozialdemokraten vor gut einem Jahr die HEP gegründet. Die Partei, die unter anderem für eine kurdische Autonomie eintritt, hat sich seither zu einem bedeutenden politischen Faktor in der Region entwickelt. Mehrfach wurden bereits Anschläge auf Einrichtungen der HEP verübt. Zuletzt jagten die Täter vor drei Wochen den Wagen des ehemaligen HEP-Provinzvorsitzenden und Rechtsanwaltes Mustaf Özer in die Luft. Özer verstand das als „Abschreckungsschlag“. Andererseits läuft gegen den Vorsitzenden der HEP, Mehmed Ali Eren, bereits das zweite Verfahren nach den neuen Anti-Terrorgesetzen. Der Anlaß: Eren hatte auf einer USA-Reise über seine Autonomieforderung gesprochen.

Die jüngsten Anschläge auf die HEP und auf verschiedene Menschenrechtseinrichtungen in Türkisch-Kurdistan tragen nach Meinung von Menschenrechtlern die Handschrift der „Konta-Gerilla“. „Kontr-Gerilla“ ist der türkische Ableger der von den USA gesteuerten internationalen Geheimdienstorganisation „Gladio“, deren Ursprünge bis in die unmittelbare Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zurückreichen. Nach dieser These will die „Kontr-Gerilla“ der kurdischen Opposition mit gezieltem Terror das Wasser abgraben.

Die türkischen Behörden tappen bezeichnenderweise völlig im Dunkeln, was die Aufklärung der Verbrechen betrifft. Zwar erklärte der Regionalgouverneur der unter Ausnahmezustand stehenden Region, es würde alles getan, um diese „verabscheuungswürdige Tat“ aufzuklären. Die Mörder Aydins sollten ermittelt und vor Gericht gestellt werden. Doch der Ablauf des Verbrechens spricht eher dafür, daß die Täter staatlich geschützt sind.

Aydin war am Freitag vor den Augen seiner Ehefrau abgeführt worden. Offensichtlich kannte der Lokalpolitiker die Männer. Er soll sogar zu seiner Frau gesagt haben: „Hab keine Angst, ich kenne die Polizisten.“ Nachfragen beim Polizeipräsidium ergaben jedoch am nächsten Morgen, daß Aydin nicht unter den 20 registrierten Verhaftungen der Vornacht war. Die Polizei meinte zu dem Zeitpunkt, Angehörige eines speziellen Operationsteams, das dem Amt des Ministerpräsidenten unterstellt sei, hätten die Aktion durchgeführt. Am Montag morgen fand ein Fernfahrer Aydins folterverstümmelte Leiche. Seine Familienangehörigen konnten Aydin noch identifizieren, doch als Parteifreunde das Begräbnis organisieren wollten, war die Leiche verschwunden. Wenig später stellte sich heraus, daß die Stadtverwaltung von dem Ort Maden Aydin bereits begraben hatte.

Unterdessen intensiviert die türkische Armee in Kurdistan ihre Suche nach Angehörigen der bewaffneten Organisation PKK. Wie die türkische Tageszeitung 'Cumhuriyet‘ meldet, soll sie dabei erstmals auch von Hubschraubern der in Silopi stationierten US-Armee unterstützt worden sein. Die US-Botschaft in Ankara bestreitet diesen Bericht energisch. dora

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