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Die größten Waffendealer unter sich

Paris: Treffen der Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates/ „Verhaltenskodex“ für transparenteren Markt  ■ Aus Paris Bettina Kaps

Seitdem die westliche Allianz im Golfkrieg ihre eigenen Waffensysteme bekämpfen mußte, ist der internationale Waffenhandel ins Zwielicht geraten. Auf Initiative des amerikanischen und des französischen Präsidenten haben daher die fünf größten Waffenexporteure der Welt am Montag und gestern in Paris erstmals über Spielregeln für den Rüstungsexport beraten. Die Experten aus den USA, der UdSSR, Frankreich, Großbritannien und China — es sind zugleich die ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates — sprachen von einem moralischen Verhaltenskodex. Kunden und Konkurrenten befürchten jedoch, daß die Fünf ein Kartell bilden könnten, das dem hart umkämpften Markt seine Vorschriften diktieren will.

Schon vor der Tagung stand fest: An ein Verbot des Waffenhandels ist nicht zu denken. Hinter dem Geschäft, bei dem nach Angaben der Weltbank jährlich über 1.800 Milliarden Mark umgesetzt werden, stehen enorme politische und wirtschaftliche Interessen: Als Waffenexporteure sichern sich die „fünf Großen“ politischen Einfluß auf ihre Kunden und auf das Gleichgewicht in den betroffenen Weltregionen. Amerikaner und Franzosen betonten daher, daß auch Länder der Dritten Welt oder des Nahen Ostens einen „legitimen Bedarf“ an Rüstung zu ihrer Verteidigung hätten. Für Frankreich und Großbritannien hängen zudem Rentabilität und Autonomie der eigenen Rüstung vom Export ab. Würden sich die führenden Exportländer zurückhalten, so ein weiteres Argument, sprängen alsbald Mittelmächte wie die Tschechoslowakei, Brasilien, Argentinien, Ägypten, Irak oder Indien in die Bresche. In Paris ging es also nur darum, den „Wildwuchs“ so zu beschneiden, daß die eigenen Interessen nicht darunter leiden. Im Gespräch sind die Bekanntmachung von bestimmten Waffenexporten, regelmäßige Beratungen zwischen den Exportnationen und die Erstellung eines Registers über Waffenverkäufe bei der UNO.

Meinungsverschiedenheiten gibt es jedoch schon darüber, ob diese Mechanismen nur den Nahen und Mittleren Osten betreffen sollen — so sieht es der Bush-Plan vor — oder aber den weltweiten Rüstungsexport. Dieser Ansicht sind die Franzosen, da sie keine Länder herausgreifen wollen, zu denen sie „besondere Beziehungen“ unterhalten. Der Bush-Plan schlägt vor, daß alle Länder in der Zone vom Iran bis nach Marokko endgültig auf ABC-Waffen verzichten sollten; zudem zielt er auf die völlige Beseitigung von Boden-Boden-Raketen.

Im Bereich der konventionellen Waffen ist erst gar nicht mit Selbstbeschränkung zu rechnen. Vielmehr konkurrieren die Waffenhändler darum, die Bestände ihrer Alliierten in der Golfregion wieder aufzufüllen — 90 Prozent der dortigen Waffenarsenale stammen von den „Großen Fünf“. Auch Frankreich profitiert von der Rüstungsindustrie: 1990 erbrachte sie neben der Luftfahrt die besten Wirtschaftsergebnisse, erklärte Verteidigungsminister Joxe vergangene Woche im Parlament. Die Aufträge stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 67 Prozent auf zehn Milliarden Mark. Im August soll ein neuer Vertrag über die Lieferung von sechs Fregatten an Taiwan unter Dach und Fach gebracht werden.

Regierungschefin Cresson, auf die Wettbewerbsfähigkeit der französischen Wirtschaft bedacht, interpretierte den Mitterrand-Vorschlag zur Kontrolle des internationalen Waffenhandels in ihrem Sinn: Es gehe darum, „die internationale Disziplin“ zu stärken; die französischen Exporteure dürften keinesfalls „bestraft“ werden. Edith Cresson befürwortet eine „dynamische“ Rüstungsexportpolitik. „Für unsere militärische Luftfahrtindustrie ist der Erfolg beim Export des Mirage 2000-5, ausgerüstet mit dem neuen Radarsystem RDY und der Luft-Luft-Rakete MICA, wichtig“, sagte sie vor zwei Wochen auf der Waffenschau in Le Bourget. Es war das erste Mal, daß ein französischer Regierungschef ein privates Rüstungsprojekt öffentlich unterstützte.

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