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Schwein gehabt: Nur kleines Haushaltsloch

■ Die Bundesregierung reduziert die Berlin-Hilfe 1992 um 1,3 Milliarden Mark/ Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) erwägt Steuererhöhungen

Berlin. Die Bundesregierung beschloß gestern im Rahmen des Bundeshaushaltes 1992 einen Abbau der Berlin-Hilfe um lediglich 1,3 Milliarden Mark. Der Anteil der Bundesmittel am Landeshaushalt wird demnach von 14,482 auf 13,182 Milliarden Mark sinken.

Damit ist die Bundesregierung von ihrem ursprünglichen Vorhaben abgewichen, die Berlin-Hilfe bis 1994 jährlich um jeweils zwei Milliarden Mark zu kürzen. Nach der mittelfristigen Finanzplanung, die gestern ebenfalls in Bonn verabschiedet wurde, sollen die Zuwendungen an Berlin für das Jahr 1993 um weitere 2,5 Milliarden Mark gekürzt werden. Bundesfinanzminister Waigel hat jedoch für die Jahre 1993 bis 1995 Zuschüsse zu den Zins- und Tilgungslasten Berlins in Höhe von 600 Millionen Mark in Aussicht gestellt.

Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) reagierte mit gemischten Gefühlen auf die Bonner Beschlüsse. Daß die Kürzung der Berlin-Hilfe 700 Millionen Mark geringer als angekündigt ausfallen soll, wertete er als Teilerfolg für Berlin, insbesondere für Finanzsenator Pieroth (CDU). Trotzdem könne der Senat, wegen der besonderen Belastung Berlins, die Kürzung nicht akzeptieren.

Finanzsenator Pieroth will in den nächsten Wochen versuchen, in Bonn Nachbesserungen der Beschlüsse zu erreichen. Für diese Verhandlungen sei es hilfreich, wenn das Land Berlin glaubhaft signalisiere, seine Leistungsvorsprünge gegenüber dem alten Bundesgebiet selber abzubauen, umschrieb der Sprecher des Finanzsenats, Thomas Butz, die Verhandlungslinie seines Dienstherren.

Dementsprechend erging bereits der Auftrag an Innensenator Heckelmann, ein Konzept zur Personalreduzierung im öffentlichen Dienst zu erarbeiten. Dabei solle man sich am Personalschlüssel der Hansestadt Hamburg orientieren. Um dessen Quote zu erreichen, müssen bis 1997 70.000 Stellen eingespart werden. Die Kürzungen sollen mit einer Verwaltungsreform einhergehen, die auch eine Reduzierung der Bezirke zum Ziel hat. Bei der Bemessung der Klassen- und Kitagrößen sowie bei der Berliner Polizeidichte soll zukünftig der Bundesdurchschnitt als Maßstab gelten.

Zur Verbesserung der Einnahmen des Landes erwägt Finanzsenator Pieroth auch eine Erhöhung der Gewerbesteuern sowie die Wiedereinführung der Vergnügungs- und der Getränkesteuer. Diese sogenannten Bagatellsteuern sind in den 70er Jahren abgeschafft worden, weil der Erhebungsaufwand in keinem Verhältnis zum Ertrag stand.

Insgesamt will der Senat drei Milliarden Mark einsparen. Über die angestrebten Maßnahmen wird er Ende August im Rahmen der Haushaltsberatungen für das Jahr 1992 befinden. dr

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