: Iran-Contra-Affäre zieht neue Kreise
Geheimdienstler gesteht Verwicklung des CIA in illegale Finanzierung der nicaraguanischen Contras/ Auch George Bushs Ex-Sicherheitsberater wußte von illegaler Operation aus dem Weißen Haus ■ Aus Washington Rolf Paasch
Seit nunmehr viereinhalb Jahren versucht der US-Staatsanwalt Lawrence Walsh Licht in das Dunkel des nie völlig aufgeklärten Iran-Contra- Skandals von 1985 zu bringen. Doch wo immer er nach weiteren Indizien für die Verwicklung hoher Politiker und Geheimdienstler bei der illegalen Umleitung von Geldern aus den Waffenverkäufen an den Iran an die nicaraguanischen Contras stieß, sah sich Walsh einer Mauer des Schweigens gegenüber. Ob im Weißen Haus oder in der CIA, alle Beteiligten schienen bei ihrer Befragung durch das 34köpfige Team des Staatsanwaltes plötzlich an Gedächntisschwund zu leiden.
Seit Dienstag dieser Woche nun ist Lawrence Walsh wieder guten Mutes. Alan D. Fiers, der damalige Operationschef der CIA für Zentralamerika hat erstmalig zugegeben, daß die CIA-Führung von der geheimen Umleitung der Waffeneinnahmen an die Contras gewußt hat. Fiers scheint damit die Beweise dafür in der Hand zu haben, daß der Iran- Contra-Skandal nicht das Werk einiger auf eigene Faust operierender Mitarbeiter im Weißen Haus war, sondern eine von höchster Stelle autorisierte Konspiration gegen den Kongreß, der der Reagan-Administration damals die finanzielle Unterstützung der Contra-Rebellen untersagt hatte. Und daß auch die Vertuschung der illegalen Aktivitäten „von oben“ angeordnet war.
Fiers plötzlicher Erinnerungsschub ist einem gerichtlichen Vergleich mit dem Staatsanwalt geschuldet. In einem Verfahren gegen Fiers wegen Falschaussage und Meineid vor dem Untersuchungsausschuß des Kongresses hatte Walsh dem Ex- CIA-Mann eine Reduzierung der Anklagepunkte versprochen, falls er sich bei seinen juristischen Untersuchung der Iran-Contra-Affäre kooperationswillig zeige. Allein die am Dienstag von Friers präsentierten Dokumente beweisen nun eine Verwicklung wichtiger Polit- und Geheimdienstgrößen in die Affäre.
Erstes Opfer des redseligen CIA- Mitarbeiters könnte George Bushs Kandidat für das Amt des CIA- Chefs, Robert Gates, sein. Wenn nicht nur, wie bisher bekannt, der damalige CIA-Chef Casey, sondern auch die Nummer drei des Geheimdienstes, Clair George, von der geheimen Operation des Oliver North zur Finanzierung der Contras wußte, dann wird die Behauptung von Gates, als damaliger Vize des CIA völlig ahnungslos gewesen zu sein, immer unglaubwürdiger. Schon jetzt ist im Kongreß davon die Rede, die für kommenden Montag angesetzten Anhörungen über die Bewerbung von Gates für das höchste Geheimdienstamt angesichts der neuen Anschuldigungen zu verschieben.
Fiers Aussagen könnten auch andere Mitglieder der Bush-Administration belasten, allen voran den heutigen Botschafter in Südkorea und damaligen Sicherheitsberaters des Vizepräsidenten George Bush, Donald Gregg. Dieser hatte bisher jegliches Wissen des Bush-Büros im Weißen Haus über die Aktivitäten des Oliver North bestritten — auch die Anschuldigung, daß Bush den damaligen Chef der CIA-Station in Costa Rica, Felix Rodriguez, zur Unterstützung der Contra-Unterstützung angeheuert hatte. Fiers, der als Direktor der Zentralamerika-Operationen sowohl Gregg als auch Rodriguez gut kannte, könnte auch in dieser Hinsicht neue Informationen liefern. Nach den Aussagen von Alan D. Fiers könnte sich bald wieder die Frage stellen: „Was wußte George Bush?“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen