: Streit um Schalcks „First KoKo-Lady“
Frau Lisowskis letzter KoKo-Walzer in Wien ■ Von Thomas Scheuer
Basel (taz) — Auf die Problematik ehemaliger Spitzenfunktionäre aus der Schieber-Truppe des Alexander Schalck-Golodkowski, die ihre Geschäfte heutzutage unter der Schirmherrschaft der Treuhandanstalt abwickeln, hat der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Jürgen Rüttgers hingewiesen: Er fordert von der Treuhandanstalt die sofortige Entlassung der Schalck-Vertrauten Waltraut Lisowski. Die Treuhand hält dagegen: Die Arbeit der Dame habe bisher zu „keinerlei Beanstandungen“ Anlaß gegeben. Aus der Leitung der KoKo-Auffanggesellschaft BHFG wurde sie laut Treuhand-Pressemitteilung im Februar 1991 abberufen; spät genug, angesichts ihrer Aktivitäten.
Ein Beispiel: 30. November 1990, Flughafen Wien-Schwechat. Um 10.45 Uhr landet die Linienmaschine der Austrian Airlines, Flug OS 448 aus Berlin-Schönefeld. Dem Flieger entsteigt Waltraut Lisowski samt Gatten. Wenige Minuten später setzt eine weitere AUA-Maschine zur Landung an, Kurs OS 442 aus Düsseldorf. Mit an Bord: Heinz Althoff samt Gattin. Die Ehepaare werden vom österreichischen Geschäftsmann Josef Höfermeier erwartet und in die Karolinenstraße 5 im vierten Wiener Bezirk chauffiert. Hier residiert eine ganze Latte von Firmen, die eine Gemeinsamkeit verbindet: sie alle gehören zum an die 50 Firmen umfassenden Wirtschaftsimperium der Kommunistischen Partei Österreichs. Nicht wenige davon sind mit dem weitverzweigten Firmennetz des Ex- DDR-Devisen-Jongleurs Alexander Schalck-Golodkowski verquickt. Frau Lisowkis Wien-Trip im November letzten Jahres macht Sinn: Die 55jährige Dame leitete in Schalcks geheimnisumwitterten Valuta-Reich Kommerzielle Koordinierung (KoKo) die Abteilung Auslandsfirmen und soll nach Erkenntnissen westdeutscher Späher mindestens 30 West-Unternehmen direkt kontrolliert haben.
Nach Wien ist Waltraut Lisowski als Managerin der Berliner Handels- und Finanzierungsgesellschaft (BHFG) gereist; einer Neugründung nach der Wende, die auf Beschluß des letzten DDR-Ministerrates die zivilen KoKo-Firmen übernahm. Bis auf wenige Ausnahmen rekrutiert sich das Personal aus ehemaligen Schalck-Spitzenleuten. Was Frau Lisowski mit Heinz Althoff, dem Geschäftsführer einer ehemaligen DKP-Firma, und ihren österreichischen Partnern ausbaldowert, bleibt der Wiener Staatspolizei verborgen. Nach ausführlichem Shopping in Wiens Innenstadt tritt die Schalck-Lady jedenfalls am 2. Dezember den Heimflug an. Acht Tage später rückt die Kripo bei der BHFG zur Razzia an.
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