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Rätsel um Sittensen-Dioxin

■ Auch die dritte Messung an der Schlacke ergab neue Verseuchungswerte

Das Rätselraten um die Dioxinbelastung auf einem Parkplatz in Sittensen bei Rotenburg/Wümme hält an (die taz berichtete). Auch die dritte Analyse des Bodenmaterials ergab Werte, die nicht mit den vorangegangenen Messungen übereinstimmen. Die Untersuchung der Stäube auf dem Parkplatz hatten Anfang Mai eine Belastung von rund 7.700 Nanogramm (Millardstel Gramm) Dioxin pro Kilogramm ergeben. Der Grenzwert für Dioxin in Wohngebieten liegt bei 1.000 Nanogramm. Da sich der Parkplatz in unmittelbarer Nähe einer Grundschule befindet, hatte diese Nachricht in Sittensen für erhebliche Unruhe gesorgt.

Bei Nachforschungen stellte sich heraus, daß das Baumaterial 1974 aus einer Hamburger Müllverbrennungsanlage geliefert worden war. Bis 1979 wurden die hochbelasteten Filterstäube nicht von der Schlacke getrennt. Damit wurde der hohe Dioxingehalt begründet.

Eine zweite Analyse des Bodenmaterials im Auftrag der Gemeinde Sittensen ergab nur noch einen Dioxinanteil von etwa 550 Nanogramm. Aufschlüsse über die tatsächlichen Schadstoffwerte sollte eine Untersuchung für die Bezirksregierung Lüneburg geben. Nach den nun vorliegenden Ergebnissen ist das Originalmaterial mit etwa 800 Nanogramm belastet. Ausgebesserte Stellen des Parkplatzes weisen eine Belastung von 390 Nanogramm auf.

Eine vierte Probe die aus Partikeln von höchstens zwei Millimetern Größe besteht, soll endlich die mögliche Gefährdung durch den Dioxingehalt klären. Material in dieser Größenordnung kann vom Körper aufgenommen werden. Da in den Jahren 1974 und 1975 insgesamt 14.000 Tonnen ungefilterte Schlacke als Baumaterial an Kommunen und private Abnehmer im Elbe-Weser- Dreieck geliefert wurden, sind die Sittenser Dioxinmessungen und —ergebnisse nur die Spitze des Eisbergs. Die Messungen sollen diesmal nach der Arbeitsmethode der Bundesarbeitsgruppe "Dioxin" vorgenommen werden.

Für den Sittenser Gemeindedirektor Frank Wallin spielt nicht nur der Dioxinwert, sondern vor allem die Entsorgung des Materials eine Rolle. Sollte sich die Schlacke als hochbelastet erweisen, ist eine Bodenwaschung notwendig. Angesichts der zu erwartenden Kosten hofft Wallin auf finanzielle Unterstützung aus Hannover. Drei Eingaben an das Umweltministerium blieben Wallin zufolge unbeantwortet. Ministeriumssprecherin Eva-Maria Rexing verweist auf die eindeutige Rechtslage. Die Gemeinde sei für die Schlacke verantwortlich. Eva Krafczyk, dpa

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