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„Jetzt machen wir Talkshow!“

■ „III nach Neun“, Freitag, 22 Uhr, Nord 3

Ob Hitzepickel oder verschwitzter Elektrolurch, noch während der erste Gast, der Trabi-Konstrukteur Werner Long, von der menschlichen Schlaftabelle Giovanni di Lorenzo mit der üblichen handwringenden Laschheit abgefertigt wurde, hatte die Technik ein Einsehen und verweigerte die Übertragung von Bremen nach Hamburg. Die so entstandene, geradezu klassische Panne wurde kurzerhand mit Archivaufnahmen ausgefüllt. Als Lückenbüßer diente unter anderen ein reichlich mißglücktes Gespräch der kläglich auf keck machenden Randi Crott mit dem Unikum Karl Dall und dem folgenden, die ganze Malaise beschreibenden Dialog. Crott: „Fanden Sie es bisher langweilig?“ Dall: „Zum Teil ätzend... Vergessen wir das doch alles, machen wir doch jetzt mal eine richtig schöne Talkshow.“

Von wegen. Die deutsche Talkshow ist keine Sendeform oder ein Genre, sondern sprachtechnisch ein Oxymoron und ingesamt ohnehin eine offenbar heillose Krankheit. Belege für diese Behauptung gab es wieder viele am Freitagabend. Da geifern sich zwei Top-Unternehmer an, Gregor Gysi mischt sich ein und hat prompt den blasierten Wirtschaftsjournalisten Paul C. Martin am Hals, will sagen, die Disksusion läuft prächtig, da wird Randi Crott gleich wieder zur Lehrerin und mahnt die Gesprächspartner ab: „Jetzt machen wir keinen Frühschoppen; jetzt machen wir Talkshow!“ Ein strenger Blick läßt die Umsitzenden verstummen, Randi kann dennoch eine merkbar auswendig gelernt, rettungslos unwitzige Glosse eigener Provenienz zum Thema Designerkrempel aufsagen. Talkshow ist, so meinen offenbar die Redakteure von Radio Bremen (und nicht nur die), wenn man die Klaviervirtuosin Mitsuko Uchida minutenlang über Mozart dozieren läßt, eine zwar interessante, aber bei titel thesen temperamente oder aspekte besser aufgehobene Angelegenheit ohne Unterhaltsungswert.

Komplett verschenkt wurde dagegen der Auftritt Rolf G. Dittmeyers. Was immer man von der deutschen Antwort auf Freddy Krueger, dem Alptraum aller kleinen Kinder, halten mag, der rührige Siebzigjährige mit der saftigen Vergangenheit hat eine Menge zu erzählen. Leider wissen wir noch immer nicht, was.

Das ärgerliche an III nach Neun ist, daß die Sendung nicht, wie beispielsweise Die NDR-Talkshow, schlichtweg wegen vollendeter Belanglosigkeit ignoriert werden kann. Mitunter haben die Bremer ja tatsächlich Menschen zu Gast, die für ein kontroverses, unterhaltsames und auch spannendes Grespräch taugen würde. Aber dann muß wieder mal der Ablaufplan eingehalten werden, diktiert der Spickzettel, was noch abzufragen ist und wenn sich doch mal ein Hauch von Spontaneität breit macht, unterbricht Gottfried Böttchers Piano notfalls ebenso brutal wie unhöflich die Redenden mitten im Satz. Herr Dittmeyer

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