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Pöks und Putz, die beiden

■ Erzieherische Bildergeschichten und der Alltag bremischer Kinder in den 50ern

Die Fünfziger in Bremen: Zeit des Korea-Krieges, der ersten Coca-Cola-Reklame und der Kommunistenhatz. Kinderalltag war damals geprägt von Einsamkeit (knapp 30 Prozent hatten ein Elternteil verloren) und beengten Wohnverhältnissen (42 Prozent der SchülerInnen hatten kein eigenes Bett). Freizeit spielte sich auf der Straße oder durchschnittlich ein bis vier Mal pro Woche im Kino ab.

„Wenn ich aus unserem Haus kam, hatte ich gleich einen Schwarm Spielkameraden um mich“, erinnert sich Günther Rohdenburg (45). Und: „Die Bildergeschichten von 'Pöks und Putz‘, dem Bremer Jungen und dem Schutzmann, sind mir nie aus dem Kopf gegangen“.

Seit fünf Jahren ist der Geschichts- und Geografie-Lehrer auch Archivpädagoge im Bremer Staatsarchiv. Neben Ausstellungen und Lehrerfortbildung stellt er Materialien zu Unterrichtseinheiten wie „Mittelalter in Bremen“ oder dem „Geburtsjahrgang einer Schulklasse“ zusammen. Unter dem Titel „Pöks und Putz“ hat er jetzt, im Rahmen der Kleinen Schriften des Staatsarchiv, eine Bilder-, Text- und Dokumentensammlung über die Lebensverhältnisse von Kindern und Jugendlichen zwischen 1950 und 1960 veröffentlicht. „Lehrer und Schüler sollen sich mit ihrer Kindheit auseinandersetzen, ohne all diese nostalgischen Elemente“, sagt er.

209 Bildgeschichten von „Pöks und Putz“, damals regelmäßig im Weserkurier erschienen, spiegeln die Verhältnisse, wie Rohdenburg findet, genau wieder. Hier werden den Kindern mit Wilhelm Busch-Mentalität die Werte der damaligen Erwachsenenwelt vermittelt: Sauberkeit, Anstand und Ordnung, als Pille gegen den „Irrtum“ des sogenannten Dritten Reiches und die Schwarzmarkt- und Plünderzeit der Nachkriegsjahre.

Pöks, der Bremer Junge, ist meist auf sich gestellt und lebt überwiegend in einer „Wohnküche“. Draußen erlebt er jede Menge Abenteuer, wühlt in Trümmern und Munition, spielt Indianer und Hochzeit. Putz, der allgegenwärtige Schutzpolizist, ist immer zum rechten Zeitpunkt an Ort und Stelle, um Unglücke oder Fehltritte zu verhindern. Er paßt auf, wenn Pöks mit Steinen nach Kastanien wirft und dabei die Straßenlaterne erwischt, oder wenn er für Amalie Dahlien aus Nachbars Garten klaut. „Wer Blumen pflückt in Nachbars Garten, hat eine Strafe zu erwarten“, spricht alsdann Putz.

Bikini, Konservengerichte, Ehescheidungen und ähnliche Neuerungen aus den USA, sollen, so das Erziehungskonzept, möglichst wenig Einfluß auf die Jugendlichen haben. Jazz, die neue Negermusik, Rock'n Roll, Kaugummis und Hände in den Taschen, pfui Teufel! Die Kinder der 50er lassen derweil unbeeindruckt ihre Drachen auf Kornfeldern steigen, bauen Häuser aus Stroh und malen Hüpfkästen. bz

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