: »Befremdliche Stilelemente“ werden überprüft
Benecke-Stiftung: Bonn reagiert — Rechnungshof soll Unter-Organisationen prüfen — Bewilligungsbescheid widerrufen ■ Von Gerd Nowakowski
Erhebliche Unruhe in den betroffenen Bundesministerien und erste Konsequenzen haben die taz-Berichte über die Unregelmäßigkeiten bei der Otto-Benecke-Stiftung(OBS) ausgelöst. Insbesondere die von der taz beschriebene Weitergabe eines erheblichen Teils der jährlichen Bundesmittel von 250 Millionen an ein Geflecht von Unter-Unter-Organisationen, die nicht der öffentlichen Kontrolle unterstehen, hat verschiedene Ministerien alarmiert. Reagiert hat auch Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) auf die von der taz berichteten vielfältigen Unterstützungen der OBS für ihren Gatten. Die vormalige Bundesministerin für Familie — in diesem Ressort war und ist die Otto-Benecke-Stiftung der größte Zuwendungsempfänger — hat von ihrer Nachfolgerin Angela Merkel (CDU) einen Persilschein angefordert. Schließlich lastet noch die Affäre um die illegale Dienstwagenbenutzung ihres Gatten auf der Bundestagspräsidentin. Rita Süssmuth will sich nun bescheinigen lassen, daß sie nie zugunsten der OBS tätig geworden sei, mit dessen Generalsekretär Beitz sie sich duzt.
Erklärung tut not. Schließlich hat der Rechnungshof bei einer Prüfung im ehemaligen Süssmuth-Ministerium einen Vermerk von 1986 gefunden, in dem bereits die mangelhafte Geschäftsführung des OBS-Generalsekretärs Beitz festgehalten war. Konsequenzen bleiben dennoch aus. Der Generalsekretär der OBS „fühlt sich auch gegenüber dem Ministerium so sicher, daß er weiterhin macht, was er will“, notierte der Beamte unter anderem. Die für die Wiedereingliederung und Ausbildung von Flüchtlingen und Aussiedlern zuständige OBS sorgte dafür, daß der Geschichtsdidaktiker Prof. Süssmuth im letzten Jahr zwei Tagungen durchführen konnte. Kostenpunkt: 100.000 Mark. Hinzu kam die Finanzierung und der Aufkauf von drei Süssmuth-Büchern. Auch in diesem Jahr akquirierte die OBS für Herrn Süssmuth 50.000 Mark für drei Veranstaltungen. Für das Ende 1989 gegründete Internationale Institut für Kommunikation — im Vorstand: Hans Süssmuth — brachte die OBS nach eigenen Angaben 600.000 Mark Programmtitel als Anschubfinazierung auf.
Das Bundesministerium für Frauen und Jugend will nun die Verwendung der Staatsknete schärfer kontrollieren. Dies wurde dem Bundesrechnungshof zugesagt, dessen bislang unveröffentlichte „Bemerkungen“ über die OBS eine Fülle von alarmierenden Hinweisen auf den ungewöhnlichen Umgang mit den öffentlichen Millionen dokumentiert. So soll künftig die Rechnungshof- Kontrolle auf die „Gesellschaft zur Förderung berufsspezifischer Ausbildung„ (GFBA) ausgedehnt werden.
An die GFBA, 1970 von Generalsekretär Beitz und dem OBS-Vorständler Volker Grellert gegründet, reicht die OBS jedes Jahr rund 130 Millionen Mark weiter. Die GFBA ist wiederum an weiteren Unter-Organisationen beteiligt. Generalsekretär Beitz ist außerdem als Anwalt für die GFBA tätig und Grellert als Unternehmensberater. Die GKR Unternehmensberatung GmbH mit Sitz in Düsseldorf stellt der GFBA für Grellerts Dienste in manchen Monaten bis zu knapp 100.000 Mark in Rechnung.
Der Rechnungshof hatte festgestellt, daß die OBS an die GFBA überhöhte Abschlagszahlungen weiterreichte, die 1988 und 1989 „durchweg höher waren als die später abgerechneten Beträge“. Zeitweise betrugen die Überzahlungen über vier Millionen Mark, die — so die Prüfer — zudem „durch kaum nachvollziehbare Buchungen verschleiert“ wurden.
Die Frauenministerin Angela Merkel hat außerdem die OBS aufgefordert, sofort den Mietvertrag für den Verein „Haus der politischen Bildung“ in Berlin zu kündigen. Wie die taz berichtete, drängt das Bundesvermögensamt die OBS seit 1979 vergeblich, vom Verein endlich eine realistische Miete für die Benutzung der schönen Villa zu verlangen. Langjähriger Vorsitzender des Vereins „Haus der politischen Bildung“ war der Berliner Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU). Diepgen ist zugleich Mitglied des eingeschworenen OBS-Gründerkreises, der seit 25 Jahren alle Führungspositionen besetzt hält und derzeit Kuratoriumsvorsitzender ist. Der Berliner Regierende hält ebenso wie der OBS-Vorstandsvorsitzende und stellvertretende Bundestagsvizepräsident Julius Cronenberg (FDP) fest zu Beitz.
Im Merkel-Ministerium heißt es außerdem auf Leitungsebene, der für die Bewilligung der OBS-Förderung zuständige Ministerialrat Horst Juncker solle abgelöst werden. Juncker sitzt außerdem im Vorstand und Kuratorium der Otto-Benecke-Stiftung — eine Konstellation, vor der das Finanzministerium bereits vor einem Jahr wegen möglicher „Interessenkonflikte“ heftigst warnte. Im April 1991 sorgte Juncker trotz Kenntnis der Rechnungshofberichte gemeinsam mit Cronenberg für die Entlastung des OBS-Generalsekretärs.
Noch härter unter Druck gerät die OBS beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ). Dieser Tage wurde ein erster Zuwendungsbescheid widerrufen. Die Gelder seien von der OBS „nicht für den im Zuwendungsbescheid bestimmten Zweck verwendet“ wurden. Das BMZ stellte fest, daß die OBS gegenüber dem Ministerium Leistungen auswies, die sich in der Realität „nicht wiederfinden“ und Verwaltungskosten abrechnete, die überhaupt nicht anfielen. Von der OBS abgelieferte Arbeitsergebnisse seien „überflüssig“ und „nicht geeignet“ für das finanzierte Vorhaben.
Für Unruhe sorgten die taz-Berichte auch im Auswärtigen Amt, aus dessen Haushalt die OBS ebenfalls erhebliche Summen erhält. Außenminister Genscher (FDP) pflegt mit dem OBS-Generalsekretär Beitz einen freundschaftlichen Umgang. Der taz vorliegende und bislang ebenfalls unveröffentliche Rechnungshof-„Bemerkungen“ vom Anfang des Jahres bescheinigen der OBS auch bei ihren auswärtigen Aktivitäten einen teuren und teilweise nicht nachvollziehbaren Umgang mit Steuermitteln.
Intern kritisiert wurden vom auswärtigen Amt beispielsweise die Projekte der OBS in der Sowjetunion. An denen ist auch die „Gesellschaft zur Förderung deutsch-sowjetischer Wirtschaftsbeziehungen“ beteiligt. Im Vorstand: Generalsekretär Beitz und Prof. Hans Süssmuth. Referatsleiter von Treskow stellte bereits 1989 in einem hausinternen Papier bei der OBS einen „eklatanten Mangel an konzeptioneller Selbstprüfung“ fest und spricht von „befremdlichen Stilelementen“. Die Benecke-Stiftung sei eine Organisation „bei der die Fragezeichen bei jedem Teilstück nachgewachsen sind, das ich angefaßt habe“, klagte von Treskow.
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