: Wolf hofft auf Asyl
■ Der Ex-Spionagechef wohnt in einem Wiener Hotel
Wien (ap/taz) — Der frühere DDR- Spionagechef Markus Wolf will gegen die Ablehnung seines Antrags auf Asyl in Österreich Berufung einlegen und die Frist von 14 Tagen dafür voll ausschöpfen. Wolfs Rechtsanwalt erklärte gestern: „Ich hoffe, daß in zweiter Instanz die Behörde den Asylantrag genauer und ernster prüfen wird.“ Unterdessen wird Wolf an einem geheimgehaltenen Ort in Wien, einem Hotel, von der österreichischen Staatspolizei streng observiert.
Der Sprecher des Innenministeriums, Walter Kratzer, sagte: „Wolf muß sich nicht melden. Wir wissen immer, wo er ist.“ Die Fremdenpolizei telefoniere mit ihm etwa einmal am Tag.
Nach der gegenwärtigen Terminlage reist Wolf vermutlich am 7. Oktober direkt von Wien aus in die Bundesrepublik, wo ihm für sechs Tage freies Geleit zugesagt wurde. Danach müßte er allerdings in ein anderes Land ausreisen, weil er sonst festgenommen würde.
Etwas perplex waren die Beamten der österreichischen Sicherheitsbehörden allerdings, als Wolf ihnen einen bundesdeutschen Paß vorlegte. Die österreichische Polizei setzt nach eigenen Angaben zunächst voraus, daß der Paß echt ist. Die Feststellung, wann, wie und wo sich Wolf das Dokument beschafft hat, sei Sache der deutschen Kollegen, hieß es. Sollte der Paß allerdings falsch sein, bestünde in Österreich ein Grund, Wolf festzunehmen.
Wenn die österreichischen Innenbehörden die Prüfung des Asylantrages einige Tage hinziehen, könnte Wolf bis zum Stichtag 7.Oktober weitgehend unbehelligt in Wien bleiben. Er würde dann direkt von der Donaumetropole nach München fahren, wo er am 10.Oktober als Zeuge in einem Spionageprozeß gegen seinen früheren Untergebenen Harry Schütt aussagen soll.
Außerhalb dieser Sechstagefrist kann Wolf in der Bundesrepublik festgenommen werden. Er wird also nach seiner Aussage die Bundesrepublik rechtzeitig wieder verlassen müssen. Ob er dann allerdings nach Österreich zurückkehren kann, ist fraglich.
Die Berliner Zeitung 'Super‘ meldete gestern, Wolf sei bereit, seine Flucht zu beenden und sich den deutschen Behörden zu stellen.
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