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Baker verteilt Absichtserklärungen

Nahost-Konferenz frühestens im November/ Keine Einigung über Kreditgarantie an Israel  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Nach schwierigen Gesprächen in Israel ist US-Außenminister James Baker gestern in Kairo, der zweiten Station seiner nunmehr siebten Nahost-Reise, eingetroffen. Am Nachmittag wurde er von seinem ägyptischen Amtskollegen Amre Mussa empfangen, der zuvor mit einer PLO-Delegation über die geplante Nahost-Friedenskonferenz gesprochen hatte. Mit Beginn der Konferenz wird jetzt frühestens für November gerechnet.

Baker hatte nach seiner zweiten Begegnung mit dem israelischen Ministerpräsidenten Jizchak Schamir vor Journalisten erklärt, es seien weitere Gespräche nötig. In der umstrittenen Frage der US-Kreditgarantien für Israel, die im Vorfeld der Reise zu einem schweren Konflikt zwischen beiden Regierungen geführt hatte, wurde bislang keine Einigung erzielt. Beide Seiten unterbreiteten neue Kompromißvorschläge. Auf dem Flug nach Kairo sagte Baker, daß die Vergabe der Kreditbürgschaften an Bedingungen geknüpft sei. Die USA würden die Siedlungspolitik Israels nicht bedingungslos hinnehmen. Der US-Außenminister machte der Regierung in Jerusalem einen Vorschlag, der bestimmte, nicht näher genannte Garantien vorsieht, falls die Regierung der Verschiebung des Antrages um vier Monate zustimmt.

Der amerikanische Außenminister, der sich auch mit einer palästinensischen Delegation traf, überreichte beiden Seiten jeweils eine „Absichtserklärung“ (Aide memoire), gab jedoch keine der gewünschten Garantien ab. Der Inhalt des Schreibens, das Baker den Palästinensern übergab und an dessen Details gestern noch gefeilt wurde, ist nicht bekannt; Faisal Al Husseini, Mitglied der dreiköpfigen Delegation, flog im Anschluß an ein gestriges Gespräch mit drei Mitarbeitern Bakers nach London, um sich dort mit PLO-Vertretern zu treffen. Es hieß jedoch, den Palästinensern sei versichert worden, daß die Konferenz auf dem Prinzip „Frieden gegen Land“ basieren werde. Ende des Monats wird das palästinensische Exilparlament endgültig über eine Beteiligung an der Konferenz entscheiden.

Die schriftlichen Zusicherungen an die israelische Regierung umreißen zugleich die amerikanische Verhandlungsposition für die geplante Nahost-Konferenz. Sie enthalten unter anderem das Versprechen, daß die USA während der Dauer des gesamten Friedensprozesses im Weltsicherheits bei Abstimmungen, die das israelisch-arabische Verhältnis betreffen, ein Veto einlegen werden. Außerdem wird festgehalten, daß die USA gegen die Gründung eines unabhängigen Palästinenserstaates sind, sich aber auch gegen eine andauernde israelische Besetzung der Westbank und des Gaza-Streifens wenden.

In der strittigen Jerusalem-Frage sprechen sich die USA gegen eine neuerliche Teilung aus und befürworten Verhandlungen über den künftigen Status der Stadt. Außerdem will sich die US-Administration für ein Ende des arabischen Wirtschaftsboykotts gegen Israel einsetzen. Im Hinblick auf Syrien heißt es in dem Schreiben, daß die USA die strategische Bedeutung anerkennen, die die annektierten Golan-Höhen für Israel haben.

Das Aide memoire hält weiterhin fest, daß der Camp-David-Vertrag mit Ägypten als Eckpfeiler für den Friedensprozeß gilt und daß dieser Vertrag als beispielhaft für weitere bilaterale Abkommen gilt. Für die geplanten Verhandlungen mit den Palästinensern schlagen die USA zwei Stufen vor: In der ersten, für bis zu einem Jahr angesetzten Etappe sollen die Einzelheiten einer palästinensischen Selbstverwaltung erörtert werden. Nach einer dreijährigen Phase der Selbstverwaltung in den besetzten Gebieten sollen dann weitere Verhandlungen für eine endgültige Lösung aufgenommen werden. Dies soll sich über einen Zeitraum von fünf Jahren erstrecken. Die Gespräche sollen zwischen Israel und einer gemeinsamen jordanisch-palästinensischen Delegation stattfinden. Ein weiteres Aide memoire Bakers richtet sich an die jordanische Regierung in Amman, einer weiteren Station Bakers auf seiner Rundreise. Diese Briefe ersetzen Garantien an die Beteiligten, von denen früher die Rede war. Der Inhalt all dieser Schreiben soll allen Mitgliedern der Konferenz zugänglich gemacht werden. Auch wenn die Details nicht bekannt sind, herrscht der Eindruck vor, daß die USA den verschiedenen Seiten widersprüchliche Zusagen gemacht haben, die sich jeweils unterschiedlich auslegen lassen — Differenzen, die sich unter Umständen nur schwer überbrücken werden lassen, wenn die Konferenz einmal begonnen hat.

Nach seinem Aufenthalt in Ägypten wird Baker in die syrische Hauptstadt Damaskus weiterfliegen und dann am Donnerstag nach Amman reisen.

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