Wenn Männer zu sehr lieben...

■ Heinz W. liebte nur sich und erschoß seine Frau

Sie war 16, er war 21 als sie geheiratet haben. Er nennt sie „bezaubernd“, „eine außergewöhnliche Persönlichkeit“, „warmherzig und gutmütig“. Sie waren damals „überglücklich“, sagt er. 15 Jahre später hat er sie erschossen.

Heinz-Günter W. steht seit gestern wegen Totschlags vor dem Bremer Landgericht. Drei Stunden lang schilderte er, dezidiert und sichtlich bewegt, den Gang der Dinge aus seiner Sicht. Am 1. Oktober 1971 haben sie sich in einer Tanzschule zum ersten Mal gesehen, von da an fast täglich. Schon Weihnachten 1971 hält er bei ihrem Großvater „um ihre Hand an“ wie er altmodisch formuliert. Sie hat keine richtige Familie, wurde immer hin und hergeschoben. Er stammmt aus geordneten Verhältnissen. „Keine familiären Probleme“, erklärt er auf Nachfrage dem Richter.

Im März 1972 soll die Hochzeit sein. 14 Tage vorher meint sie, man solle doch noch ein bißchen warten. Er droht, sich zu erschießen, erzählt er mit Tränen in den Augen. Die Hochzeit findet statt. Bald will er ein Kind, sie noch nicht. Er „überzeugt“ sie. Doch der 1973 geborene Sohn Christian entwickelt sich immer stärker zum „Störfaktor“. Die Eltern streiten sich um die Erziehung des verhaltensauffälligen Kindes. „Du bist sogar auf deinen eigenen Sohn eifersüchtig“, wirft sie ihm vor. Wenn sie mit einem anderen tanzt, bekommt er Schweißausbrüche, „es tat mir regelrecht weh“, gesteht er, narzistisch gequält. Aber immer noch war er „ihr Philosoph, der vom Himmel gefallen sei.“

Der große Knacks kam 1988. Durch Zufall entdeckt er, daß seine Frau und er laut Impfpaß die Blutgruppe A haben, der Sohn aber Blutgruppe B. Zweifel an seiner Vaterschaft machten ihn „innerlich verrückt“. Sie ist über seinen Verdacht gekränkt und verweigert eine erneute Blutuntersuchung (AB stellte nach ihrem Tod der Gerichtsmediziner fest). Er beginnt zu trinken und sie zu schlagen. Nach mehreren handgreiflichen Konflikten verläßt sie mit Kind das Haus. Er macht mehrere Selbstmordversuche. Sie will ihm noch eine Chance einräumen, wenn er eine Entziehungskur macht.

Nach der Kur teilt sie ihm mit, daß es endgültig aus ist. Er weiß genau, er müßte nur genug Zeit haben, noch einmal mit ihr zu reden, sagt W., äußerlich ein Mann ohne Eigenschaften, mit belehrend erhobenem Zeigefinger. Dann könnte er sie bestimmt „überzeugen“, wie früher. Aber sie will nicht. Da beschließt er, sie beim Squash „abzuholen“, zu einer mehrtägigen „Aussprache“ im Sauerland. Er hat zwei Pistolen mit und droht ihr, wenn sie nicht mitkäme, könne sie „die Scheidung sofort haben.“ Der erste Schuß löst sich anscheinend aus Versehen, sie rennt weg und er hält drauf. Alles aus Liebe.

Den Ehering trägt er immer noch. Er ist geständig, reuig, hat aber bis heute nicht verstanden, warum seine Frau ihn verlassen hat.

Am Freitag werden die Sachverständigen gehört. Mit dem Urteil wird ebenfalls für Freitag gerechnet. asp