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Schwarz-weiß-Konflikt unter Frauen

■ „Frauen zwischen Grenzen“ / Nächsten Montag startet die 9. Bremer Frauenwoche

Ein poetisches Schwarzweiß-Foto schmückt das neue Programm der Frauenwoche: Eine hellhäutige und eine dunkelhäutige Schöne schreiten aufrecht Hand in Hand, die hellhäutige in ein schwarzes Badetuch gehüllt, die dunkelhäutige kontrastierend weiß umwickelt. Ein Sinnbild der Schwesterlichkeit — drapiert mit einem Schuß Humor.

Wie harmonisch, wie gelassen das Zusammentreffen von „weißen“ und „schwarzen“ Frauen tatsächlich in der Frauenwoche von statten geht, wird sich ab nächsten Montag erweisen: Um neun Uhr läuten die Veranstalterinnen die neunte Bremer Frauenwoche in der Universität ein. Zwar ist in diesem Jahr mit dem Leitthema „Frauen zwischen Grenzen“ die Thematik der letzten Frauenwoche — „Frauen und Fremde“ — wieder aufgenommen, doch soll bei diesem neunten Mal einiges anders und natürlich besser werden. Hatte doch im letzten Jahr die Stimmung sich zum Teil aggressiv aufgeladen. „Weiße“ und besonders „weiße, lesbische“ Frauen hatten sich geweigert, sich als „rassistische, privilegierte deutsche Frauen“ zu sehen, ihre „schwarzen unterprivilegierten“ Schwestern hatten mit Enttäuschung und Schuldzuweisungen reagiert. Veranstalterin Olga Prunk hoffnungsvoll gestern gegenüber der Presse: „Die Verhärtungen, die Konfrontationen, die sich letztes Jahr gezeigt haben, sind im Begriff sich aufzulösen.“ Das Interesse der Frauen am Thema sei groß, fast alle 1.700 Programhefte seien schon vergriffen.

Wer das Programmheft aufschlägt, der springen die Trennungslinien sofort ins Auge. Da gibt es Veranstaltungen „nur für schwarze Frauen“, da gibt es das „Lesbenplenum“, da gibt es den „Workshop“, der die „Kluft zwischen hörenden“ und „tauben, schwerhörigen“ Frauen überbrücken will.

Die Vorbereiterinnen haben vor, von den Klischees wegzukommen. Die eingewanderten „schwarzen“ Frauen sollen weg vom Opfer-Denken, sie sollen ihren Weg von der armen in die reiche Welt auch als „Bewegung“ und „Freiheit“ begreifen. Demgegenüber sollen die „weißen, deutschen, nicht-jüdischen“ Teilnehmerinnen wegkommen von der „Scham-und Schuld-Lähmung“ der Nazi-Töchter.

Im Sechs-Frauen-Team der Vorbereiterinnen hat sich das Gewicht zugunsten der sogenannten „schwarzen“ Frauen verschoben. Drei sind eingewanderte Bremerinnen (aus Lateinamerika, aus Westafrika, aus Osteuropa), die anderen drei sind deutscher Nationalität, davon eine afro-deutsch. Die sechs haben es erreicht, daß schätzungsweise knapp die Hälfte der Referentinnen in diesem Jahr „schwarze“ Frauen sind: Sie kommen aus Bremen, ausder Türkei, aus Guatemala und — wenn der Bürgerkrieg das nicht verhindert — auch aus der kroatischen Hauptstadt Zagreb. Daß die Grenzen zwischen den Frauen fließend und relativ sind, hat die dunkelhäutige Veranstalterin Rose Folson am eigen Leib erfahren: Gehört sie in Bremen eindeutig zu den „eingewanderten, schwarzen“ Frauen, so wurde sie bei einem Besuch in den östlichen Budnesländern trotz ihrer schwarzen Hautfarbe plötzlich als privilegierte Wessi, fast schon als „Weiße“ eingeschätzt. B.D.

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