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Wenig Hoffnung für Ost-Arbeitslose

■ HWWA sieht aber erste Anzeichen für zartes Wirtschaftswachstum in Ostdeutschland

Hamburg (dpa/taz) — Die wirtschaftliche Lage in Ostdeutschland zeigt deutlich sichtbare Besserungstendenzen; außer bei den Dienstleistungen ist die Nachfrage im Baugewerbe seit dem Frühjahr deutlich gestiegen. Das schreibt das HWWA- Institut für Wirtschaftsforschung (Hamburg) in der jüngsten Ausgabe der Institutszeitschrift 'Konjunktur von morgen‘. Wirtschaftiche Besserungstendenzen bedeuten allerdings nicht gleichzeitig ein Ende der Massenarbeitslosigkeit. Die Beschäftigung sei erheblich stärker zurückgegangen, als es die rund eine Million Arbeitslosen anzuzeigen scheinen, so das HWWA. Die Zahl der Beschäftigten habe sich seit 1989 von fast zehn Millionen auf knapp sieben Millionen vermindert. Dreiviertel bis eine Million der früher Beschäftigten seien nach Westdeutschland übergesiedelt oder arbeiteten dort als Pendler, analysiert das Institut. In etwa gleich großer Zahl seien Rentner ausgeschieden oder andere Beschäftigte in den Vorruhestand getreten (worden). Weitere nehmen an Bildungsmaßnahmen teil oder sind, besonders die Frauen, in der stillen Reserve. Die Arbeitslosigkeit werde nach dem Auslaufen der besonderen Kurzarbeiterregelung Ende 1991 noch einmal sprunghaft zunehmen; es müsse mit 1,5 bis 1,8 Millionen registrierten Arbeitslosen in Ostdeutschland gerechnet werden.

Zum Wirtschaftswachstum haben nach der HWWA-Analyse vor allem die Aufträge staatlicher Stellen beigetragen, denen in diesem Jahr 25 Milliarden Mark für öffentliche Investitionen zur Verfügung stehen. Anstöße kämen aber auch aus der Wirtschaft sowie von Bahn und Post. Die Bauwirtschaft habe sich damit, so das HWWA-Institut, zum wichtigsten Schrittmacher für den wirtschaftlichen Wiederaufbau in Ostdeutschland entwickelt. Die Wende in der Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Produktion stehe unmittelbar bevor.

Die Industrie werde sich allerdings noch nicht so bald stabilisieren, meinen die Forscher. Die Produktion sei um zwei Drittel zurückgegangen, seitdem die ostdeutsche Industrie der internationalen Konkurrenz ausgesetzt sei. Viele der noch vorhandenen Industriebetriebe hätten keine Überlebenschance.

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