Straßentrasse durch Naturschutz-Gebiet

■ Schutzgebiet Untere Wümme mit Schönheitsfehler: Lilienthals Ortsumgehung wird dort gebaut

Bremen hat ein neues Naturschutz-Gebiet. Das verkündete die Umwelt-Senatorin Eva-Maria Lemke-Schulte am Montag. Entlang der Unteren Wümme würden in kostbarem Deichgebiet künftig seltene Pflanzen- und Vogelarten geschützt, teilte sie mit. Was sie vergaß, dabei zu erwähnen: Quer durch das neue Bremer Naturschutzgebiet dürfen die Lilienthaler ihre Umgehungstraße bauen.

In der am 6. September von der Umweltdeputation verabschiedeten Naturschutz-Verordnung heißt es nach einer Auflistung von Schutzmaßnahmen und Auflagen: „Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung (von den Auflagen, d.Red.) gelten im Grundsatz als gegeben, wenn die geplante Straße zur Ortsumgehung Lilienthals innerhalb des räumlichen Geltungsbereiches dieser Verordnung verlaufen sollte.“

„Wir hatten keine Möglichkeit, den Lilienthalern diese Straße direkt zu verbieten“, erklärte die Sprecherin der Umwelt-Deputation, Christine Wischer (SPD) gegenüber der taz. Die Befreiungsklausel sei ein Kompromiß an das Nachbarland. „Ursprünglich sollte die Straße einmal quer durchs Hollerland führen“, jetzt würde sie „nur noch“ am Rande des Naturschutz- Gebietes verlaufen.

Nach Auskunft des Amtsleiters beim zuständigen Straßenbauamt in Verden, Karl-Hermann Fastenau, gibt es für die Ortsumgehung Lilienthal zur Zeit drei

Das Pferd muß weg, wenn die Umgehungsstraße durch das Bremer Naturschutzgebiet führen wirdFoto: Tristan Vankann

„heiße“ Modelle, die alle in einer Westschlaufe um die niedersächsische Gemeinde herumführen und dann zwischen Jan-Reiners- Weg und Borgfelder Landstraße, auf Bremer Gebiet anstoßen. „Das ist die einzige Möglichkeit“, bestätigte der Leiter des Baumates in Lilienthal, Manfred

Lütjen.

„Wo die Trasse genau verlaufen wird, weiß heute keiner“, erklärte dagegen der Sprecher der Umweltsenatorin, Lutz Ritzel. Da die Ortsumgehung eine Bundesstraße würde, hätte sie planungsrechtlich Vorrang vor dem Naturschutz, der Ländersache

hier bitte das schöne

Landschafts-Foto

sei.

Der Leiter der Naturschutz- Abteilung im Umwelt-Ressort, Michael Werbeck, erklärte, daß eine Umgehungsstraße, „wenn sie denn nötig wird“, den Naturschutz bereits in der Umweltverträglichkeitsprüfung hinreichend ausweisen müsse. Eine Art Öko- Trasse also, die zwar durch Naturschutz-Gebiet führt, aber leise oder zweispurig bleibt.

Wollen will die Umgehungsstraße in Bremen niemand, aber verhindern will sie auch keiner. Ein großes Hoffen hat eingesetzt, die Niedersachsen würden schon

freiwillig auf die Straße verzichten. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Niedersachsen (BUND) hatte vorgerechnet, daß die Straße überflüssig würde, wenn die Straßenbahnlinie 4 von Borgfeld nach Lilienthal verlängert würde.

Nach so viel Vernunft sieht es zur Zeit aber nicht aus. „Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist beendet, gegen Ende des Jahres können wir über die endgültige Straßenführung entscheiden“, erklärte Karl Hermann Fastenau vom Straßenbauamt in Verden. Markus Daschner