Kein Sommerloch in Tokio

■ Die größten japanischen Skandale im Windschatten von BCCI und Moskauer Putsch

Tokio (taz) — In diesem Jahr kann die japanische Wirtschaftspresse über ein Sommerloch nicht klagen. Eine kurze Chronologie der jüngsten Ereignisse:

Im Juni gestehen die vier großen japanischen Wertpapierhäuser Nomura, Nikko, Daiwa und Yamaichi in der Folge von Presseenthüllungen ein, ihren Großkunden Kompensationen von 1,6 Milliarden Mark für Aktienverluste an der Tokioter Börse gezahlt zu haben. Die Kleinanleger sind empört. Die Zahlungen sind zwar nicht illegal, werden aber von einer Verwaltungsregelung des Finanzministeriums untersagt. Gleichzeitig geben Nomura und Nikko zu, Geschäftsverbindungen zu dem japanischen Gangsterchef Susumu Ishii unterhalten zu haben.

Mitte Juli erhebt die Fuji-Bank, die viertgrößte Bank der Welt, Anzeige gegen den Abteilungsleiter einer Tokioter Filiale, der in Konspiration mit Gangsterkreisen gefälschte Guthabendokumente ausstellte, auf die später Kredite von sieben Milliarden Mark ausgestellt wurden. In der Tokioter Börse herrscht vier Tage lang eine fast gespenstische Ruhe: Die vier Wertpapierhäuser hielten sich an einen Vorschlag des Finanzministeriums, als Selbstbestrafungsmaßnahme für kurze Zeit ihren Börsenhandel um etwa die Hälfte zu reduzieren.

Ende Juli: Der persönliche Sekretär von Finanzminister Ryutaro Hashimoto gesteht die Benutzung gefälschter Dokumente im Rahmen des Fuji-Bank-Skandals ein. Hashimoto entschuldigt sich später vor dem Parlament und senkt sein Gehalt symbolisch um zehn Prozent.

Anfang August: Das japanische Finanzministerium veröffentlicht eine Liste von 228 Firmen — unter ihnen die führenden Hersteller Hitachi, Nissan, Matsushita, Toyota —, die allesamt Kompensationszahlungen von den Wertpapierhäusern annahmen.

Mitte August: In Osaka fliegen die Geschäfte der legendären Börsenwahrsagerin Nui Onoue auf, die sich ebenfalls mit gefälschten Dokumenten Kredite von 2,5 Milliarden Dollar erschwindelte. Diesmal ist die Industrial Bank of Japan für die Fälschungen mitverantwortlich, die bei der Kontrolle der Kreditvergabe in solcher Höhe versagt hat. Die Presse berichtet von Onoues Beziehungen zum Chef der IBJ und zu den Gangstern der Yakuza.

Ende August/Anfang September: Anhörungen der Vorsitzenden von Nomura, Nikko, der Industrial Bank of Japan und der Fuji-Bank vor einem Untersuchungsausschuß des japanischen Parlaments.

12. September: Der Mehrheitsaktionär der Hugo Boss AG und Vorsitzende der Leyton-Gruppe, Akira Akagi, wird als mutmaßlicher Hauptkonspirant im Fuji-Bank-Skandal festgenommen.

13. September: Eine Expertenkommission der Regierung unter dem ehemaligen Arbeitgeberpräsidenten Eiji Suzuki legt Vorschläge für eine Reform des japanischen Börsenwesens vor. gb