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Erfrischung für Oma und Opa

■ Nicht mehr ganz so rüstig: Das erste deutsche Wandbild am Rembertiring

Lächelnd sehen sie aus ihrem Fenster direkt unter dem Dach. Vor ihnen die „Schöne Aussicht“, der Rembertiring. Oma im kurzärmligen Blümchenkleid, Opa in weißem Oberhemd und grauer Weste. Als Peter K.F. Krüger 1976 die letzten Pinselstriche auf seinem Wandbild an der Giebelfront des Bremer AWO-Hauses tat, wollte er jedoch keineswegs eine Idylle schaffen. Der Blick der alten Leute soll vielmehr, sagt er, „Sehnsucht nach dem ursprünglichen Stadtbild“ ausdrücken. „Ich fand es eine Schande, wie auf dem Rembertiring die ganze alte Bausubstanz kaputtgemacht wird und wollte darauf aufmerksam machen, was die hier für'n Mist verzapfen“, sagt der Künstler. „Aber das hat kaum einer verstanden.“

Heute leidet auch sein 200 Quadratmeter großes Werk unter der Umgebung. Umwelteinflüsse, der zunehmende Autoverkehr und die mit Skate-Boards an die Wand springenden Kinder haben Spuren hinterlassen. Oma und Opa sind zum zweiten Mal restaurierungsbedürftig. Keine besonders attraktive Arbeit für Krüger, der inzwischen als ABM-Kraft für die AWO arbeitet. „Also ein Spaß ist es nicht, bei Wind und Wetter da oben auf dem Gerüst zu stehen und das Ganze abzuwaschen und neu zu malen. Eine echte Knüppelarbeit“, findet er.

Andererseits sind Oma und Opa, als erstes Wandbild in Deutschland, für Krüger „das Markenzeichen“. Immer wieder heißt es in Gesprächen: „Das ist doch der, der den Rembertiring

„Eine echte Knüppelarbeit“, findet der Maler

gemacht hat.“ Das macht ihn nicht nur stolz: „Als ob ich seitdem nichts anderes produziert hätte.“

In den 70ern, kurz nach dem Malerei-und Bildhauer-Studium, ging es ihm darum, die Dinge im Sinne des amerikanischen Fotorealismus „so genau wie möglich“ abzubilden. Themen des jungen Künstlers, frei von Geld und Ansehen, waren neben Nationalsozialismus und Vietnam- Krieg auch allgemein „sozialkritische Dinge“. Viele aus der Bremer Künstlergruppe „Grün“, zu der er gehört, malten „aus der Wut heraus, um sich abzureagieren“, erinnert sich Krüger. „Später haben wir gemerkt, daß das nicht immer so ankam. Wer will sich schon den Vietnam-Horror über das Sofa hängen.“

Inzwischen sind die Wandbilder des 47jährigen abstrakter geworden. „Wichtig ist mir heute Farbe und Aktion“, sagt Krüger, von dem allein in Bremen 11 Kunstwerke die Wände schmücken. Nach seinem ersten Wandbild wurde er von Künstler- Kollegen hart kritisiert. „Damals haben viele gesagt, das sei nichts als seichte Malerei. Weil da weder linke Parolen noch Agressivität zu finden waren.“ Inzwischen habe man sich daran gewöhnt. „Trotzdem ist es Fakt, daß jedes Wandbild, besonders wenn du immer an deinem ersten gemessen wirst ein Rückschritt ist. Du bekommst Auflagen und machst Kompromisse.“ bz

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