: Historisches Museum am Ende?
■ Seit der Wiedereröffnung des Zeughauses schwebt das Museumsprojekt völlig in der Luft/ Vor Jahren politisch heiß umkämpft, verflüchtigt sich nun das Interesse
Berlin. Was wird aus dem Aldo- Rossi-Entwurf zum Neubau des Deutschen Historischen Museums gegenüber dem Reichstag in Berlin? Diese Frage steht seit der Wiedereröffnung des Zeughauses Unter den Linden nach einer längeren Umbauphase wieder im Raum. Das Deutsche Historische Museum »residiert« zur Zeit provisorisch in dem im 17. Jahrhundert gebauten Zeughaus.
Museumsdirektor Stölzl spricht von einem »langfristigen Provisorium im Zeughaus« mit einem »hauptstadtwürdigen Programm« mit Wechselausstellungen bis zur vermutlich vier Jahre dauernden Generalsanierung. Zur jetzigen Neugestaltung gehören bereits ein Kino und ein Café.
»Rein rechtlich gesehen besteht die Bundesregierung weiterhin auf ihren Plan zum Bau des Deutschen Historischen Museums am Spreebogen und wartet auf die Erteilung der baurechtlichen Grundlagen durch das Land Berlin«, sagte Stölzl. Bonn habe mehrfach die Erfüllung des Vertrages vom 27. Oktober 1987 angemahnt, mit dem Berlin zu seiner 750-Jahr-Feier das Historische Museum als Geschenk der Bundesregierung versprochen wurde. »Jetzt muß ja oder nein gesagt werden, sonst geht gar nichts weiter«, meinte Stölzl, der allerdings auch einräumte, daß es zur Zeit besonders in Ostdeutschland Zweifel an der »materiellen Notwendigkeit« für einen solchen, mehrere hundert Millionen Mark teuren Neubau in Berlin gebe.
»Die Frage aber, ob sich die Nation einen Museums-Großbau mitten im künftigen Parlamentsviertel leistet, ist nur zum Teil eine finanzielle Frage«, meint Stölzl. Er hält es auch für durchaus denkbar, daß das ursprüngliche Konzept für das Geschichtsmuseum nach dem Fall der Mauer noch einmal überdacht werden müsse. Manche der seinerzeit »aus guten Gründen« festgeschriebenen Prämissen für das Museum seien durch die Geschichte überholt und würden sich jetzt als Fesseln erweisen. Wenn der Bundeskanzler an seinem Projekt festhalte — und es sei »bei niemandem bisher ein Steuer- Herumreißen in dieser Frage erkennbar«, meinte Stölzl — »dann warten wir auf den Tag, an dem er uns den Goldenen Schlüssel für das Museum überreichen wird«.
Stölzl glaubt zwar, der »Schwarze Peter« sei in dieser Frage nun bei Berlin, doch wird dieser von der Hauptstadt wieder nach Bonn zurückgereicht. Stadtplanungssenator Volker Hassemer wartet auf eine Bonner Entscheidung, welche Bundesbehörden wo in Berlin angesiedelt werden sollen, sagte seine Sprecherin dazu am Donnerstag. Davon hänge auch die letztendliche Entscheidung über den Standort des Historischen Museums ab. Hassemer will möglichst bis Ende des Jahres Planungsklarheit haben. In der Berliner Kulturverwaltung sieht man die »Hängepartie« zur Zeit in Bonn, betont aber gleichzeitig, daß der Senat am Rossi-Entwurf festhalte. »Es wäre seit langem der erste Museumsneubau von Bedeutung, der Berlin wieder in die internationale Museumsdiskussion einbeziehe«, heißt es dazu. »Da liegt Berlin nun wirklich nicht an der Spitze, wir haben da einen großen Nachholbedarf.« dpa
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