: Drahtesel-Spedition
Frankfurt/Main (dpa) — Weder Autostau noch Parkplatznot können die Fahrer einer Frankfurter Spedition bremsen. Allenfalls ein platter Reifen oder eine abgesprungene Kette sorgen für Verzögerungen, wenn die 20 Mitarbeiter des Fahrradkurierdienstes „Velomobil“ unterwegs sind. Seit fünf Jahren rollen die Räder der Spedition, und mit ihnen der Rubel.
Die Gründer des Unternehmens, Michael Brix und Klaus Rehn, waren zunächst mit acht Radlern angetreten. Sie wollten der Post und den motorisierten Kurierdiensten Konkurrenz machen. Und die Initiative trug schnell Früchte. „Unsere Auftragslage ist ständig gestiegen“, sagt Michael Brix. Zu den vor allem mittelständischen Kunden gesellten sich auch Werbeagenturen. Trotz des Erfolgs von „Velomobil“ sei das Unternehmen das einzige dieser Art in Frankfurt geblieben. Lediglich der motorisierte Kurierdienst „Turbo- Express“ setzte noch Radboten ein. In Berlin und anderen staugeplagten Großstädten sind Drahtesel-Speditionen in den letzten Jahren ebenfalls erfolgreich.
Radkuriere werden vor allem während der Hauptverkehrszeiten benötigt. „Je chaotischer der Verkehr ist, desto stärker sind wir gefragt“, erzählt Brix. Aber auch in normalen Verkehrszeiten sind die radelnden Boten in der Innenstadt häufig schneller am Ziel als Autos, denn sie können Abkürzungen nutzen, die PKWs versperrt sind. Zu größeren Unfällen im Verkehr sei es bisher noch nicht gekommen. Da reißt höchstens mal ein Bremszug, oder ein Reifen verliert Luft. Solche Pannen beheben die Boten unterwegs, acht bis zehn Minuten benötigt ein geübter Fahrer, um einen Hinterreifen zu flicken. Bis zu zehn Kilogramm transportieren die Boten in Fahrradboxen innerhalb der Mainmetropole. Darunter waren auch schon mal ein Regenschirm, ein Bügelbrett oder ein ausgestopfter Känguruhkopf. Größere Papiere wie Plakatentwürfe werden in einem Köcher auf dem Rücken transportiert. Etwa 70 bis 100 Kilometer legen die Kuriere am Tag zurück. Für den Transport müssen die Kunden je nach Strecke zwischen sechs Mark und 13 Mark berappen. Die zehn Angestellten und zehn studentischen Aushilfen erhalten 50 Prozent Umsatzbeteiligung.
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