Präsident Havel droht mit Rücktritt

Prag (dpa) — Der tschechoslowakische Staatspräsident Vaclav Havel hat mit seinem Rücktritt gedroht, falls die Trennung des Landes in zwei eigenständige Teile nicht aufzuhalten sei. In einem dramatischen Appell an die Abgeordneten des Bundesparlaments erklärte Havel am Dienstag in Prag, daß seit der demokratischen Revolution im November 1989 die Lage in der CSFR noch nie so ernst und „zugespitzt“ gewesen sei wie heute. In der Slowakei waren in letzter Zeit zunehmend Stimmen für eine Trennung vom Gesamtstaat laut geworden.

Die Tschechoslowakei habe nur zwei Möglichkeiten zur Wahl: entweder ein demokratischer, gemeinsamer Staat auf föderativer Basis oder die Teilung der beiden Republiken auf „rechtliche und kultivierte“ Weise. Havel forderte die Abgeordneten auf, die Durchführungsbestimmungen für ein Referendum vorrangig zu behandeln, damit dieses noch im Dezember stattfinden könne. Die Bürger sollten die Entscheidung über das weitere Schicksal ihres Landes selbst fällen können, sagte er.

Jetzt werde sich zeigen, ob die Revolution und die freien Wahlen fähige Menschen in ihre Ämter getragen habe. Falls sie die große Chance, die ihnen das Volk gegeben habe, vertun sollten, müßten sie ihre Ämter mit Schande verlassen, sagte Havel. Wenn keine Lösung der gegenwärtigen Krise gefunden werde, werde auch er selbst die Konsequenzen ziehen.