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Asylbewerber halten sich in Berlin versteckt

■ 14 angolanische Flüchtlinge aus Hoyerswerda kamen über Meißen zurück/ Dringlichkeitsantrag von Bü90/Grüne: Keine Verschickung in den Osten

Berlin. Seit Dienstagnacht halten sich in Berlin 14 Asylbewerber aus Angola versteckt. Dies berichtete gestern auf einer Pressekonfernez von Bündnis 90/Grüne einer der Flüchtlinge, der in Hoyerswerda die rassistischen Angriffe über sich hatte ergehen lassen müssen. »Wir fühlten uns wie im Krieg«, beschrieb er die Erlebnisse. Aus Sicherheitsgründen wollte der Mann weder seinen Namen noch die näheren Umstände seines Aufenthalts nennen.

Der Angolaner, der — wie die anderen nach Berlin gekommenen Flüchtlinge — hier im März einen Asylantrag gestellt hatte und vor vier Monaten nach Hoyerswerda gebracht wurde, berichtete von »menschenunwürdigen« Zuständen bei dem überstürzten Abtransport aus der Randalestadt am Montag abend. Sie seien nach Nationalitäten getrennt in Busse verfrachtet worden, ohne daß ihnen der neue Zielort bekanntgegeben wurde. Nach langer Irrfahrt seien sie in Meißen angekommen. Dort hätten schon Transparente »Ausländer raus« geflattert. Der Gruppe wurden als neuer Aufenthaltsort Umkleidekabinen einer leerstehenden Fabrik zugewiesen. Weil die hygenischen Bedingen schlimm und »Fluchtwege« nicht vorhanden gewesen seien, hätten sie »aus Sicherheitsgründen« im Bus übernachtet. Bis Dienstag nachmittag hätten sie vergeblich auf jemanden gewartet, der sich um sie kümmert. Am Abend seien sie deshalb zum nächsten Bahnhof gegangen und Stunden später auf dem Bahnhof Zoo angekommen. Mit der »Flucht« aus dem zugewiesenen Aufenthaltsort haben sich die Asylbewerber jedoch nunmehr strafbar gemacht.

Heute will die Fraktion Bündnis 90/Grüne einen Dringlichkeitsantrag im Abgeordnetenhaus einbringen. Der Senat soll darin aufgefordert werden, sich in Bonn dafür einzusetzen, daß die fünf neuen Bundesländer von der quotenmäßigen Verteilung nach dem Asylverfahrensgesetz ausgenommen werden. »Es ist so lange unverantwortlich, Leute irgendwo hinzuschicken, wo Jagd auf Flüchtlinge gemacht wird«, sagte Wolfgang Wieland (Bündnis 90/ Grüne). Ebenfalls wird der Senat aufgefordert, »Umverteilungsanträgen« nach Berlin zuzustimmen, die von in den FNL-Ländern bedrohten Asylbewerbern gestellt werden.

Unterdessen gehen die Übergriffe aus Ausländerheime weiter. Im brandenburgischen Schwedt bewarfen zehn Jugendliche ein Haus mit Steinen. Die Landesregierung berät derzeit über den Einsatz zusätzlicher Polizei-Hundertschaften in den »Gewaltzentren« Oranienburg und Cottbus. Wie die Sprecherin des Innensenators Heckelmann bestätigte, geht die Zwangsverteilung von Berlin in den Osten unverändert weiter. Wie jeden Donnerstag werden auch heute Asylbewerber ab 6.30 Uhr vom Treffpunkt Waterloo-Ufer 5 aus in die neuen Länder gebracht. Verschiedene Beratungsstellen, darunter auch die der Arbeiterwohlfahrt und des Deutschen Roten Kreuzes wollen deshalb heute sowie jeden weiteren Mittwoch und Donnerstag den Abreisenden Widerspruchsanträge in die Hand drücken. aku

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