: Nabelschau
■ betr.: "Menschjagd - und alle schauen zu", taz vom 23.9.91
betr.: „Menschenjagd — und alle schauen zu“, taz vom 23.9.91
Mit Erstaunen lasen wir in Eurer Ausgabe, daß Bündnis90 und Berliner Friedensgruppen am 22.9. einen Autokonvoi nach Hoyerswerda organisiert hätten. Unsere Beratungsstelle war mit an den Vorbereitungen, die sehr spontan erfolgten, beteiligt. So können wir sagen, daß das Bündnis90 nun wirklich überhaupt nicht an der Vorbereitung beteiligt war und auch während der Aktion wurde nur ein Vertreter dieser Partei gesichtet. Soweit wir wissen, hat diese Partei zur gleichen Zeit in Potsdam ihren eigenen Nabel beguckt.
Die Idee zu dieser Aktion hatten Alisa Fuß von der Liga für Menschenrechte und Heidi Bischoff- Pflanz von SOS Rassismus. Von ihnen wurde die Organisation übernommen und von ihnen wurde zu der Aktion mobilisiert.
Wir sind sehr wohl der Meinung, daß dieses Thema so wichtig ist, daß auch VertreterInnen dieser Partei etwas dazu sagen sollen. Wir empfinden es aber als Dreistigkeit, die Arbeit anderer Leute für ihre Politik zu benutzen.
Am 18.9.91 tagte der Ausländerausschuß des Abgeordnetenhauses nicht, weil er keine Tagesordnung zustande brachte. Die Konzeptionslosigkeit dieses Ausschusses war auch in der Vergangenheit schon zu beklagen. Ideen für ausländerpolitische Themen sind von ihm sowieso nicht zu erwarten. Vertreter von Bündis90/Grüne, die in diesem Ausschuß vertreten sind, erklärten auf Anfrage, daß sie sich selbstverständlich darüber beschweren würden. Da nicht mal in diesem Bereich, für den sie gewählt wurden, eine wirksame Vertretung von AusländerInnen da ist, finden wir es doch sehr anmaßend, daß die Aktion in Hoyerswerda als Aktion des Bündnisses90/Grüne ausgegeben wird. i.A. Renate Wilson, Kontakt+Beratungsstelle für außereuropäische Flüchtlinge e.V., (West-)Berlin
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen