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Liberale Fassade

■ Ein Pyrrhus-Sieg für das im Artikel 16 garantierte Recht auf Asyl

Liberale Fassade Ein Pyrrhus-Sieg für das im Artikel 16 garantierte Recht auf Asyl

Oberflächlich gesehen kommen für die christdemokratischen Parteien die jüngsten ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Hoyerswerda und anderswo zum unpassenden Zeitpunkt. Sie haben ihnen vor dem lange geplanten sogenannten Allparteiengespräch um das künftige Asylrecht, bei dem die Bundestagsgruppen PDS und Bündnis 90 nicht geladen sind, eine allzu scharfe Polemik gegen „Asylantenflut“ und „Mißbrauch des Asylrechts“ vermasselt. Die rassistischen Aktivitäten deutscher Kleinbürger haben CDU und CSU deutlich mit Beißhemmung belegt und zu sonst selten gehörten Beteuerungen zugunsten von Ausländern veranlaßt.

Daß die C-Parteien dennoch bis zuletzt auf einer Änderung des Grundgesetzartikels 16 beharrten, muß vor allem als taktisches Moment, als Verhandlungsmasse gesehen werden. SPD wie FDP konnten, in dieser Situation schon gar nicht, von ihrer Position abweichen, das Grundrecht auf Asyl in seiner jetzigen Formulierung beizubehalten. Doch längst haben Politiker dieser beiden Parteien durchblicken lassen, daß sie durchaus gewillt sind, am Asylverfahren Abstriche zu machen. Allein eine Änderung des Artikel 16, ließ Björn Engholm vor dem Treffen hören, werde „nicht viel helfen“. Seine Vize Herta Däubler-Gmelin beschwor denn auch den „Grundkonsens“ aller Demokraten und will das „Zuwanderungsproblem wirksam anpacken“. Das allen gemeinsame Ziel, versicherten SPD- und FDP-Politiker, sei auch ohne Grundrechtsänderung zu erreichen.

Mit dem angesichts der parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse wahrscheinlichen Einlenken der Christdemokraten ist die Scheindebatte um das Grundgesetz aus dem Weg geräumt — sie bot allen an der Runde beteiligten Parteien die nötige Profilierung. Die liberale Fassade ist gewahrt, und dahinter wird dem gesunden Volksempfinden Platz geschaffen. Was bleibt, dient der Abschreckung: verkürzte Rechtswege, Sammellager, eilige Abschiebungen und Abschottung der Grenzen gegen Asylbewerber aus bestimmten Ländern, die noch „aufgelistet“ werden sollen. Zu befürchten ist, daß sich nach der Einigung, nicht am Grundgesetz zu kratzen, die Detaildiskussion ohne größere öffentliche Begleitung über Wochen hinzieht und auf niedrigem Niveau einpendelt. Letzlich wird gerade das ein Ergebnis der jüngsten ausländerfeindlichen Ausschreitungen sein, auch wenn sie paradoxerweise zur Beibehaltung des Artikel 16 beigetragen haben. Barbara Geier

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