: Keine Reaktion aus Bagdad
■ UN-Inspektoren werden trotz Einlenken des Sicherheitsrates weiter festgehalten
Bagdad/New York (AFP) — Der Irak hat trotz des Einlenkens des UN- Sicherheitsrates die festgehaltenen UN-Inspektoren in Bagdad bis zum Freitagnachmittag nicht freigelassen. Der UN-Sicherheitsrat hatte am Donnerstag abend der Forderung Bagdads nachgegeben, die Atomexperten müßten eine Inventarliste der Dokumente erstellen, die sie beschlagnahmen wollten. Die 44 UN- Inspektoren werden seit Dienstag in einem Bus auf einem Parkplatz in Bagdad festgehalten.
Der Leiter der Delegation, David Kay, sagte in einem Telefonat mit dem Sender CNN, daß die Iraker, die mit ihm und seinen Mitarbeitern in Verbindung stehen, offensichtlich nichts über irgendwelche UN-Bemühungen wüßten. Seine Delegation habe die Absicht, die beschlagnahmten Geheimdokumente so bald wie möglich durchzusehen. Dabei handelt es sich nach UN-Angaben um Beweise für eine geheime Atomforschung zu militärischen Zwecken und dafür, daß Atommaterial im Ausland gekauft wurde.
Der Irak beschuldigt die UN-Inspektoren, persönliche Unterlagen von irakischen Wissenschaftlern und Technikern kopiert und fotografiert zu haben. Außerdem sind die Akten seiner Ansicht nach für die Geheimdienste der USA und Israels bestimmt. Ob auch der zweiten Bedingung des Iraks für die Freilassung der Inspektoren zugestimmt wurde, der Entsendung des schwedischen UN- Botschafters Rolf Ekeus, Chef des UN-Ausschusses für die Zerstörung der irakischen Massenvernichtungswaffen, als Vermittler nach Bagdad, wurde nicht bekannt.
Die US-Regierung drohte dem Irak unterdessen mit dem Einsatz „anderer Formen des Drucks“, um die Freilassung der 44 UN-Experten durchzusetzen. Der Sprecher des Weißen Hauses, Marlin Fitzwater, erinnerte daran, daß der Irak sich in der Vergangenheit wiederholt den Forderungen der UNO widersetzt und seine Zusagen nicht erfüllt habe. US-Präsident George Bush äußerte Donnerstag abend Zweifel am Einlenken Bagdads. Die US-Regierung setze daher ihre militärischen Vorbereitungen fort, um im Notfall Druck auf den Irak auszuüben, sagte Bush.
Ekeus teilte mit, ein neues UN- Expertenteam werde demnächst nach Bagdad reisen, um die ballistischen Raketen zu inspizieren. Am Sonntag sollten zudem die Hubschrauber der UNO ihre Inspektionsflüge über dem Irak beginnen. Diese Flüge hatte der Irak zunächst abgelehnt, später aber unter dem Druck amerikanischer Drohungen doch genehmigt. Am Donnerstag stellte die irakische Führung jedoch offenbar neue Bedingungen. Nach einer inoffiziellen Übersetzung eines Briefes an den UN-Sicherheitsrat erneuerte Bagdad die Forderung, wonach die Bedingungen für die Wiederaufnahme der UN-Inspektionsflüge festgelegt werden müssen, bevor sie genehmigt werden.
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