: Von »Braut der Bestie« zur 'Super!‘-Sekretärin
■ Erst entblößte 'Super!‘ die Verlobte des »Beelitz—Mörders« mit intimen Fotos, drängte sie zu Abtreibung und Wegzug — jetzt 'Super!‘-Arbeitsplatz
Berlin. Wochenlang füllte die 'Super!‘ mit den Untaten des »Rosa-Riesen«, des »Beelitz-Mörders« ihre Titelseiten. Zielobjekt der Postille, die immer hautnah jenseits allen journalistischen Anstands operierte, war nicht nur Wolfgang Sch., der bei Beelitz ein Baby erschlagen und fünf Frauen erdrosselt und danach vergewaltigt haben soll. Auch seine schwangere Verlobte, die 19jährige Christina T., wurde mehrfach als die »Braut der Bestie« bezeichnet. Mit Veröffentlichungen wie »Die letzte Liebesnacht« wurde die 19jährige Christina T. entblößt und intimste Einzelheiten ihrer Beziehung verbreitet. Vom massiven Mediendruck wurde die Schwangere zur Abtreibung genötigt. Letzter Höhepunkt der Berichterstattung war ein Nacktfoto auf der Titelseite — Bildunterschrift: »Er hatte sich dieses Foto von ihr gewünscht. Sie hat ihm jetzt diesen Wunsch erfüllt.« Dabei hat die 'Super!‘ für die Veröffentlichung offensichtlich die soziale Notlage der Frau ausgenutzt: Seit August hat Christina T. einen Arbeitsplatz bei der 'Super!‘
Frau T. ist bei der 'Super!‘ im Ressort Sonderredaktion beschäftigt. Ressortleiter Hans Günther Freitag stritt gegenüber der taz ab, daß der Arbeitsvertrag die Gegenleistung für die Geschichten »Der Braut der Bestie« sei. Die Frau habe lediglich dringend einen Job gebraucht — 'Super!‘ hatte einen für sie. Wieviel Geld Christina T. für die Story bekommen habe, wollte Freitag nicht sagen. In Journalistenkreisen wird unterdessen gemunkelt, daß es sich neben der Anstellung um 15.000 bis 30.000 Mark gehandelt haben dürfte.
Aufgrund der Berichterstattung war Frau T. regelrecht gezwungen worden, nach der Abtreibung aus ihrem Heimatort Rädel bei Lehnin wegzuziehen. »Das Haus ihrer Schwiegereltern ist tagelang belagert worden«, gibt selbst Ressortleiter Freitag zu. Daß dies auch das Ergebnis der von 'Super!‘ angeheizten Stimmung war, davon will Freitag allerdings nichts wissen.
Vor der Abtreibung war in 'Super!‘ zu lesen: »Im Oktober soll es ein fertiger kleiner Mensch sein. Dann wird die Bestie Vater.«
Die noch in Rädel lebende Schwester Christinas berichtete gegenüber der taz, daß Frau T. nach der Abtreibung ein letztes Mal in ihren Heimatort zurückkehrte. Zusammen mit einem Herrn Freitag habe sie dann ihre Sachen gepackt und sich seitdem nicht mehr gemeldet.
Die Familie von Christa T. wußte von der Anstellung bei 'Super!‘ bisher nichts. Über den neuen Job ihrer Schwester ist Birgit empört: »Erst verkauft Christina die Geschichten, dann sich selbst. 'Super!‘ ist das größte Schmierenblatt, was es gibt.« Ressortleiter Freitag bestreitet seinerseits, daß er Frau T. nach der Abtreibung abgeholt habe. Er sei nie in Rädel gewesen, die Behauptung »freie Erfindung«. Dirk Wildt
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