: Trompeten, Schlangen, Töne
■ Weltspitzen in Bremen: Trompeten-Konzert mit Plog und Thibaud
Trompeten mit Klavierbegleitung spielen Kammermusik von modernen Komponisten? Eine abschreckende Mischung für ein Konzert? Schräge Musik und Getröte?
Nach dem gestrigen Abend in der Kunsthalle kann man diese Frage nur mit einem lauten „Nein“ abschmettern. Denn was die Herren Anthony Plog und Pierre Thibaud, zwei der bekanntesten Trompeter der Welt, bei ihrem Konzert boten, war hochklassig. Viele müssen das schon vorher geahnt haben. Der Vortragsaal der Kunsthalle war bis auf den letzten Platz gefüllt.
Pierre Thibaud, erster Solotrompeter der Pariser Oper, eröffnete das Konzert mit einem Concertino von Jolivet. Judy Chin begleitete ihn, wie auch später Plog, am Flügel.
Thibaud spielte technisch sehr anspruchsvoll und stellte sein ganzes Können unter Beweis. In zehn Minuten wechselte er sechs oder sieben mal den Dämpfer und klemmte ihn oft einfach unter den Arm, worunter der Ton zu keiner Zeit litt. Schnell, langsam, laut und agressiv war sein Vortrag, im perfekten Einklang mit dem Klavier. Selbst die „High-Notes“ und komplizierte Läufe brachte Thibaud extrem sauber. Wenn dem Künstler dann auch nur der kleinste Fehler unterlief, legte der Künstler aus Unmut seine Stirn in Falten — selten: Ob Doppel- oder Triolenzunge, Thibaud spielte es. Das Publikum, das sich in erster Linie aus den TeilnehmerInnen der Trompetentage zusammensetzte, dankte es dem Meister mit tosendem Applaus und Bravo-Rufen.
Da hatte es der Amerikaner Anthony Plog, der auf Thibaud folgte, natürlich denkbar schwer. Sollte man ihn doch an Thibaud messen. Aber die beiden Trompeter sind gar nicht miteinander zu vergleichen. Plog, dessen erstes Stück „The Turkish Lady“ von Schmidt war, arbeitet mit der Trompete ganz anders als Thibaud. Er spielt sehr weich und ruhig, aber trotzdem souverän. Thibaud, der immer sehr viel Luft im Ton hat, trompetet aggressiv und laut. Sein Stil kommt der amerikanischen Schule viel näher als Plogs. Doch gerade das leise Spiel auf diesem Instrument ist schwierig, und Plog beherrschte es. Wer hätte gedacht, daß moderne Musik so schön klingen kann? Nach der Pause folgten die wahren Höhepunkte. Anthony Plog spielte und sang(!) Erickson. “It won't hurt my feelings if you laugh“, man könne ruhig lachen, es würde ihn nicht stören, erklärte er: Es war Trompetenmusik einmal ganz anders. Plog arbeitete mit ungewöhnlichen Griffen, spielte Vierteltöne und entfernte phasenweise einzelne Züge. Zwischen den verschiedenen Läufen streute Plog Ahs, Ohs und Schreie ein. Dabei war die Trompetenklänge jedoch so klar, daß man das Lachen vor lauter Bewunderung glatt verschluckte.
Etwas ernster wurde es dann erneut mit Thibaud. Nach seinem letzten Stück mußte er drei Zugaben spielen — diesmal auf der Piccolo — ganz leise. Der Beifall wollte kaum enden. Den Schlußpunkt setzte Plog mit einem eigenen Stück. „Animals Ditties“ war der Titel. Und es durfte wieder gelacht werden. Trompete, Klavier und ein Erzähler beschrieben Schweine, Schlangen und Hyänen. Die Pianistin Judy Chin ließ sich auch von den lustigen Stücken nicht aus der Ruhe bringen. Sie stand bei dem Konzert zwar eher im Hintergrund, aber ohne ihre fehlerlose Begleitung hätten die Trompeten nur halb so schön geklungen. Bettina Platz
Zu den Bremer Internationalen Trompetentagen gibt es im Kaisersaal des Postamtes an der Domsheide kostbare, verbeulte und kuriose Trompeten anzugucken, Mo-Fr 10-18, Sa 10-13 Uhr
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