: Nur ein bißchen Abschiebung
■ Der ägyptische Schriftsteller Mohamed Osman kann trotz Einladung nicht auf die Frankfurter Buchmesse: Ihm droht die Abschiebung, weil für den Berliner Innensenator seine Arbeit für „nicht von öffentlichem Interesse“ ist
Diesmal geht es nicht um einen Mordaufruf, nicht um Drohungen oder einen Boykott. Sondern um eine Verlagseinladung zur Buchmesse, der ein Autor nicht nachkommen kann. „Lieber Herr Osman“, schreibt die edition con an den in Berlin lebenden Ägypter Mohamed Osman, „Ihr Buch Verwüstung. Die Zerstörung von Kulturland am Beispiel des Sudan konnte in den letzten Monaten recht gut verkauft werden. Es ist Ihnen offensichtlich gelungen, ein Thema interessant und veständlich darzustellen, über das viele Menschen mehr wissen möchten. Der Erfolg Ihres Buches zeigt, daß Sie mit Ihrer Arbeit wichtige Informationen über das Voranschreiten der Wüsten geliefert haben, ein Problem, das in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird.“ Der Brief schließt mit einer herzlichen Einladung, den Verlag an seinem Messestand zu besuchen.
Doch der 51jährige Mohamed Osman, Journalist, Publizist, Doktorand der Philosophie, kann nicht kommen. Der parteilose Berliner Innensenator Dieter Heckelmann verkündete nämlich vor kurzem im Ausländerausschuß des Parlaments, der Ägypter müsse abgeschoben werden. Der Fall sei klar. Schon vor Monaten hatte die Ausländerbehörde dem mehrfachen Buchautoren den Paß abgenommen, täglich kann er zwangsweise nach Ägypten abgeschoben werden.
Warum? Der Innensenator und seine Mitarbeiter halten die Arbeit von nichtdeutschen und nichteuropäischen Autoren für „nicht im öffentlichen Interesse“. Der seit 17 Jahren in Berlin lebende Osman, der diese Stadt längst als „zweite Heimat“ betrachtet, hatte sich während seines Promotionsstipendiums als freier Journalist und Kenner der arabischen Welt einen Namen bei Buchverlagen, Zeitungen und Rundfunkredaktionen gemacht. Doch mit der Begründung, er habe illegal gearbeitet, verweigerte ihm die Ausländerbehörde im Juni die weitere Aufenthaltserlaubnis. Obwohl sogar noch der Pressesprecher des Kultursenators für Mohamed Osman intervenierte, um „die Nutzung dieses Sachverstandes durch die Bundesrepublik Deutschland hier in Berlin sicherzustellen“, blieb die Innenbehörde hart. „An Ihrem weiteren Aufenthalt und Fortführung Ihrer journalistischen Tätigkeit besteht auch kein öffentliches Interesse“, schrieb sie dem Schriftsteller Ende August. Auch die Proteste der IG Medien, der Zensur seien „Tür und Tor geöffnet“, wenn „Beamte der Innenverwaltung darüber entscheiden können, an welchen journalistischen Arbeiten ein öffentliches Interesse besteht“, konnten bislang nichts bewirken.
Will Heckelmann in den Zeiten von Hoyerswerda vormachen, wie man Menschen anders als mit Mollis vertreibt? Nur ein bißchen Abschiebung wäre auch ein Thema auf der Frankfurter Buchmesse. Ute Scheub
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen