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Barterabkommen mit großen Haken

Der polnisch-sowjetische Tauschhandel gerät faktisch in die Zinsfalle/ Die EG soll vorfinanzieren  ■ Aus Warschau Klaus Bachmann

Das polnisch-sowjetische Abkommen über die Wiedereinführung des zwischenstaatlichen Tauschhandels, das von der Öffentlichkeit als Durchbruch bei den laufenden Wirtschaftsverhandlungen gefeiert wurde, wird von den Exporteuren eher kritisch beurteilt. Das Barterabkommen, das Lieferungen im Wert von 200 Millionen Dollar vorsieht, wurde abgeschlossen, nachdem sich die bisherigen Handelsabkommen wegen des Devisenmangels der sowjetischen Betriebe als irreal erwiesen hatte.

Polen war von dem dramatischen Rückgang des bilateralen Handels gleich zweifach betroffen: Betriebe, die bisher hauptsächlich nach Osten exportierten, sahen sich angesichts des Zusammenbruchs ihrer Märkte vor dem Konkurs. Andere wiederum waren zu Massenentlassungen gezwungen, weil sie wegen ausbleibender Rohstofflieferungen, besonders von Erdöl und Erdgas, die Produktion einschränken mußten. Nun wird die UdSSR im kommenden Jahr polnische Lebensmittel, Ersatzteile und Medikamente mit Erdgaslieferungen bezahlen.

Doch auch das jetzt vereinbarte Barterabkommen hat seine Haken. Ludwik Olejarz, Generaldirektor des großen Außenhandelskonzerns Hortex: „Da unsere eventuellen Lebensmittellieferungen in die UdSSR mit Erdgasimporten verrechnet, diese aber erst am Ende des Winters verrechnet werden, können wir mit einer Bezahlung unserer Lieferung erst Ende nächsten Jahres rechnen.“ Polens Gaswerke erhalten nämlich schon jetzt praktisch kein Geld mehr von den hochverschuldeten Staatsbetrieben. Das Geld für die sowjetischen Gaslieferungen wird also erst mit großer Verspätung eingehen — lange, nachdem das Gas verbraucht wurde. Erst wenn Polens VerbraucherInnen ihre Gasrechnungen bezahlt haben, fließt der Erlös dann in die Verrechnung der Hortex-Exporte. „So müßten wir unsere Lieferungen in die Sowjetunion auf ein Jahr im voraus selbst kreditieren“, klagt der Hortex-Direktor. „Bei den derzeitigen polnischen Zinsen müßte man so den von den Sowjets vorgeschlagenen Preis für eine Tonne Kartoffeln von 60 Dollar auf 120 erhöhen.“ Das allerdings ist angesichts des Weltmarktpreises für die sowjetische Seite inakzeptabel. Einzige Möglichkeit: Der Westen müßte die polnischen Lieferungen finanzieren, denn dann lägen den Transaktion die niedrigen Dollarzinsen zugrunde. Statt 100 Prozent Zinsen im Jahresdurchschnitt wären es auf diese Weise nur 5 bis 10 Prozent.

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