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Nachgefragt: Gegen den Bremer Etatismus

Gibt es für die Bremer Verfassung einen Modernisierungsnbedarf?

Axel Adamietz (Anwalt, FDP-MdBBü): Absolut. Das Bremer Wahlergebnis zwingt nicht nur die SPD zu innerparteilichem Nachdenken. Die politischen Strukturen sind in Bremen weniger offen, weniger demokratisch und weniger modern als wir gerne annehmen möchten.

Warum? Was heißt das?

Wir haben eine parlamentarische Struktur, die wie eine Gemeindeverfassung auf die Verbindung von Regierung und Verwaltung angelegt ist in den Deputationen. Wir haben keine Parlamentsausschüsse, die auf Kontrolle der Exekutive angelegt sind. Wir haben eine vordemokratische Konstruktion an der Spitze: Der Bürgermeister wird nicht vom Parlament gewählt. Wir haben zwar einen Staatsgerichtshof, der aber vom Bürger nicht angerufen werden kann. Da es Bayern eine Landesverfassungsgerichtsbarkeit gibt, sollte das auch in Bremen möglich sein. Es würde die Eigenstaatlichkeit stärken, wenn wir in der Lage wären, hier eine zeitgemäße Verfassung zu machen und sie jeweils durch ein Verfassungsgericht zu aktivieren.

Hat denn die SPD mit ihrer absoluten Mehrheit diese Staatsfixiertheit der bremischen Landesverfassung konserviert?

Ja. Die Reform ist unter Eingeweihten diskutiert worden, aber sie ist parlamentarisch in den letzten 20 Jahren immer wieder verschüttet worden. Auch bei der Verankerung des Umweltschutzes und bei den Thema Untersuchungsausschüsse, die früher nur die Mehrheit gegen sich selbst einsetzen konnte, bedurfte es der Blamage im Vergleich zu anderen Bundesländern, um hier Änderungen zu erreichen. Die politische Struktur der Landesverfassung ist in einer etatistischen Weise durch die absolute Mehrheit ausgenutzt worden.

Jetzt blüht uns vielleicht eine Große Koalition und erdrückende ...

Gerade die modernen Impulse in der Verfassungsdebatte, die ökologischen und die liberal-rechtsstaatlichen, wären da nicht vertreten. Wir wissen aus der Bonner Erfahrung der 60er Jahre: Etatistische Macht wird durch eine Große Koalition weiter zementiert. Int.: K.W.

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