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1.450 Flüchtlingskinder in Berlin

■ Wieder sollen zwei türkische Minderjährige in die Türkei abgeschoben werden

Berlin. Die Ausländerbehörde Berlin ist gegenwärtig damit beschäftigt, zwei unter Vormundschaft stehende Kinder in die Türkei abzuschieben. In beiden Fällen hat die Senatsverwaltung für Inneres bereits grünes Licht gegeben. In einem Fall handelt es sich um einen 12jährigen Jungen, den die Großeltern im vergangenen Sommer nach Berlin geholt hatten, weil sich nach der Scheidung der Eltern in der Türkei keiner mehr für den Jungen verantwortlich fühlte. Im anderen Fall handelt es sich um ein 14jähriges Mädchen, das hier seit Jahren bei ihrem Bruder lebt und sich nach Ansicht der Klassenlehrerin »gut in unsere Gesellschaft integriert hat«. Beide Kinder sollen abgeschoben werden, weil ihr Aufenhaltsrecht »ungeklärt« sei, wie Rechtsanwalt Meyer mitteilte.

Weitgehend »ungeklärt« ist auch das Aufenthaltsrecht vieler der rund 1.450 ausländischen Jugendlichen, die ohne ihre Eltern in der Stadt leben. Es könnten sogar noch erheblich mehr sein, weil die Dunkelziffer nach Angaben von Flüchtlingsorganisationen sehr groß ist. Ein Drittel dieser Flüchtlingskinder, die fast ausschließlich in West-Berlin leben, sind in Heimen untergebracht, die von Bezirksjugendämtern, der Kirche oder dem Deutschen Roten Kreuz getragen werden. Ein weiteres Drittel wohnt bei Landsleuten, der Rest in privaten Pensionen. Viele dieser Kinder, die meisten aus Angola, Äthopien, Iran und dem Libanon, sind unter 16 Jahre alt. Sie erhalten von Amts wegen einen Vormund, die sich um die aufenthalts- und jugendrechtlichen Fragen ihrer Schutzbefohlenen kümmern sollen. Erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres können diese Jugendlichen selbständig einen Asylantrag stellen.

Die Gefahr, sagen alle Flüchtlingsgruppen, daß diese Kinder dann abgeschoben werden, sei groß. Sie fordern deshalb die Minderjährigkeit der Jugendlichen vor ihrem Status als Asylbewerber zu stellen. Die Flüchtlingsgruppen haben sich bisher vergebens beim Senat für bessere Bildungs- und Unterbringungsmöglichkeiten für diese Jugendlichen eingesetzt. aku

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