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Ein Dialektiker der Überredung

■ Eine Ausstellung und Matinee zum 90. Geburtstag von Wolfgang Langhoff

„Genosse Langhoff ist zur Zeit nicht in der Lage, die Beschlüsse des Parteitags durchzuführen“, lautet lapidar der Schlußsatz eines mehrseitigen Schreibens, das zwei Unterredungen der Genossen Wagner und Grümmer mit dem Genossen Intendant vom Deutschen Theater in Berlin zusammenfaßt. Das war 1963, Schlußpunkt der Intendantenkarriere von Wolfgang Langhoff, der seit 1946 die künstlerischen Geschicke der ehemaligen Max-Reinhardt-Bühne im Osten Berlins gesteuert hatte. Nicht der Schlußpunkt seiner Karriere, denn Langhoff gehörte — bis zu seinem Tod 1966 — weiterhin dem Ensemble des Deutschen Theaters als Schauspieler und Regisseur an. 1965 wurde er gar zum Ehrenmitglied des Deutschen Theaters ernannt. Zu einem endgültigen und offenen Bruch zwischen der Parteiführung und dem Genossen Langhoff ist es nie gekommen.

Aber Langhoff war ein gebrochener Mann. Bereits 1950 hatte man ihn — wie andere Schweizer Emigranten auch — „wegen mittelbarer Unterstützung des Klassenfeindes“ seiner Parteifunktionen enthoben. Er wurde nie rehabilitiert. Der überzeugte Kommunist, der bereits 1928 in die Partei eingetreten war, 1933 von den Nazis verhaftet wurde (seine Erfahrungen im KZ Börgermoor beschrieb er in seinem weltbekannten Roman Die Moorsoldaten) und schließlich in die Schweiz emigrieren konnte, bemühte sich um weltoffenes Theater — seine Berliner Jahre waren von Anfang an durch Kämpfe mit der mittleren Kulturbürokratie geprägt, die sich rigide in die Spielplanpolitik einmischte. Heiner Kipphardt hieß einer von Langhoffs engsten Mitarbeitern am Theater, der Arzt und angehende Theaterautor war dort Dramaturg; er verließ nach vielen Querelen 1959 das Theater und die DDR. Über das Stück von Hausautor Peter Hacks, Die Sorgen und die Macht, das Langhoff 1962 uraufführte, kam es dann zum Eklat. „Hacks hat also die Schönheit und Größe der befreiten Arbeit noch nicht zu entdecken vermocht“, heißt es unter anderem in einem der Berichte an die Kulturabteilung des ZK. Langhoff versuchte, sich hinter Hacks und sein Ensemble zu stellen, schließlich übte er Selbstkritik. Zu retten ist nichts mehr — er wird entlassen.

„Der Sohn denkt an den Vater — der Regisseur denkt an ein Künstlervorbild, der ,Gesinnungslose‘ denkt an den ,Überzeugten‘ [...]“, schreibt Sohn Thomas Langhoff in einem Geleitwort zum 90. Geburtstag seines Vaters. „Er war nie Stilbildner, nie Neuerer, das war auch nie seine Absicht, er war Bewahrer und Fortsetzer guter Traditionen und hat so auch Neues geschaffen, zu seinem Erstaunen.“ Die Matinee zu Ehren Wolfgang Langhoffs am Sonntag im Deutschen Theater versuchte mit Auszügen aus Briefen, Protokollen, Kritiken sowie mit Filmszenen und Probenmitschnitten, den Drahtseilakt dieses ebenso überzeugten Kommunisten wie überzeugten Theatermannes („ein Dialektiker der Überredung“, schrieb Bernhard Diebold 1943) nachzuzeichnen. Die Ausstellung (im Foyer der Kammerspiele) geht konventionelle Wege: Fundus einerseits, Familienfotos andererseits — und mitten darin die (leider nicht alle) faksimilierten Protokolle, die bislang in den Archiven lagerten. Eine zweite Matinee am 3. November wird das politische Lehrstück fortsetzen. seife

Begleitend zur Ausstellung ist das Lesebuch „Wolfgang Langhoff · Schauspieler Regisseur Intendant“ im Verlag Fannei & Walz, Berlin 1991, erschienen. Es kostet 25 Mark.

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