Sambia droht eine Hungersnot

■ Das einstmals reiche Kupferland im südlichen Afrika ist zum Armenhaus geworden

Lusaka (dpa/ips/taz) — Gleichgültig wer am 31. Oktober bei den ersten Mehrparteien-Wahlen seit 18 Jahren gewinnt, die neue Regierung Sambias wird eine bankrotte Wirtschaft erben. Die Lebensmittelvorräte reichen höchstens bis Ende des Jahres. „Dann muß Sambia erstmals in seiner Geschichte einen großen Hilferuf wie Äthiopien oder Somalia abgeben und das Ausland um Lebensmittelhilfen bitten“, sagte ein Wirtschaftsexperte in Lusaka. Die Staatskasse ist leer und Sambia im Ausland mit acht Milliarden Dollar verschuldet — bei einer Einwohnerzahl von acht Millionen die höchste Pro-Kopf- Verschuldung in der Dritten Welt.

Im Gegensatz zu den Hungergebieten Äthiopiens, Somalias oder des Sudans ist die Not in Sambia nicht auf Dürrekatastrophen oder Bürgerkriege, sondern allein auf eine verfehlte Wirtschaftspolitik zurückzuführen. Das hat im September den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die Weltbank veranlaßt, dem südafrikanischen Land die Unterstützung zu entziehen. Die von Beobachtern auf das Scheitern des wirtschaftlichen Strukturanpassungsprogramms zurückgeführte Entscheidung bedeutet, daß 200 Millionen US-Dollar Hilfsgelder von Geberländern blockiert werden.

Die Sambier interessiert vor allem eins: der Preis für ihr Grundnahrungsmittel Maismehl. Immer wenn die Regierung Anstalten macht, den Preis anzuheben, kommt es zu Aufständen in der Hauptstadt Lusaka. Das Dilemma der Regierung: Erhöht sie den Mehlpreis, gehen die Verbraucher auf die Barrikaden, zahlt sie weiter Subventionen, bricht sie ihre Vereinbarungen mit IWF und Weltbank über die Haushaltssanierung und bekommt kein Geld mehr.

„Grundsätzlich muß unser Land fähig sein, die notwendigen Ressourcen selbst zu finden“, sagt Fredrick Chiluba, Präsident der oppositionellen Bewegung für Mehrparteien-Demokratie (MMD). Die Bewegung, der eine Mehrheit im künftigen Parlament vorhergesagt wird, will die bisherige Prioritätensetzung im Budget der Regierung genau überprüfen und Umschichtungen vornehmen.

Landwirtschaftlich genutzt sind nur zehn Prozent des fruchtbaren Landes und Sambia „könnte der Brotkorb des südlichen Afrikas sein“, meint ein Beobachter.

Die Vernachlässigung der Landwirtschaft hatte schon in kolonialen Zeiten begonnen. Die Briten interessierten sich vor allem für die Kupfererze. Die Nahrungsmittelproduktion besorgte das damalige Südrhodesien (heute Simbabwe). Auch nach der Unabhängigkeit 1964 verließ Sambia sich auf die Kupfergewinnung. 1975 brach der Kupferpreis ein. Doch noch immer bringt das Kupfer 90 Prozent der Devisen ein, auch wenn die Produktion mittlerweile um 40 Prozent auf 450.000 Tonnen (1990) gesunken ist. Und obwohl die Reserven des Metalls nach Meinung von Experten nur noch für zehn bis 20 Jahre reichen, kümmert sich niemand ernsthaft darum, andere Wirtschaftszweige zu entwickeln.