Auf dem Weg der Bremer Juden-Deportation

■ 50 Jahre danach: 72 BremerInnen reisen nach Minsk / 570 Bremer Juden wurden 1941 dorthin verschleppt

Am 18. November 1941 wurden die ersten 570 Bremer Juden aus Bremen und Umgebung deportiert. Ihre Zwangsreise führte in das von der Wehrmacht eroberte weißrussische Minsk, wo sie im jüdischen Ghetto auf ihre Vernichtung warten sollten. Im Sommer des folgenden Jahres wurden dann die meisten von ihnen vergast — ein Jahr bevor fast alle noch in Bremen lebenden Juden ins Vernichtungslager Theresienstadt verschleppt wurden.

Knapp 50 Jahre nach der ersten Deportation Bremer Juden gehen jetzt wieder 72 BremerInnen auf die Zugreise nach Minsk — diesmal jedoch freiwillig. In Weißrussland wollen sie die zentrale Gedenkstätte für die Opfer des deutschen Überfalls besuchen und Gespräche mit Überlebenden des Minsker Ghettos, der jüdischen Gemeinde und der Stadtverwaltung führen.

Im Gepäck haben sie auch eine bronzene Gedenktafel für die Deportation der Bremer Juden, die am Bahnhof in Minsk angebracht werden soll. Ein identisches Gegenstück wird am 18. November nach einem Schweigemarsch durch die Stadt auch am Bremer Hauptbahnhof aufgehängt.

Bürgermeister Klaus Wedemeier hat die Schirmherrschaft für die Bremer Gedenkreise übernommen, die seit über einem Jahr intensiv vorbereitet wurde. Mehrmals wechselten während dieser Zeit die Ansprechpartner in Minsk: Hatte man zunächst noch mit dem Vorsitzenden des Stadtsowjet gesprochen, ist nach der Unabhängigkeitserklärung Weißrusslands jetzt eine völlig neu zusammengesetzte Stadtverwaltung zuständig.

Als der Vorbereitungskreis der Bremer Reise im September mit dem neuen stellvertretenden Bürgermeister von Minsk zusammentraf, stellte sich heraus, daß er von der Deportation Bremer Juden und ihrer Vernichtung in seiner Stadt noch nie gehört hatte. „Das Thema wird in Minsk noch mehr totgeschwiegen als hier“, schlossen die Bremer aus dem Gespräch. Dabei war Minsk vor dem deutschen Überfall ein Zentrum osteuropäischer Juden, die rund 100.000 der damals 250.000 Einwohner stellten. Doch bereits im Sommer 1942

Doch auch in Bremen hat die Reise inzwischen mit den Anschlägen auf Asylwohnheime neue Aktualität bekommen. „Erinnern für die Zukunft“ lautete ursprünglich das Motto für die Gedenkreise nach Minsk. „Erinnern für die Gegenwart“ müsse es jetzt auch heißen, hieß es jetzt wenige Tage vor Abfahrt im Vorbereitungskreis.

Die Bremer Reisegruppe will sich auch mit den Problemen des heutigen Weißrussland befassen. Besonders die Ökologie, der Perestroika und die Situation der Jugendlichen stehen auf dem Programm. Minsk ist stark von der radioaktiven Verseuchung nach dem AKW-Unfall von Tschernobyl betroffen. 120 Pakete mit Medikamenten wurden von den ReiseteilnehmerInnen bereits gesammelt. Sie sollen im November auf die Reise nach Minsk gehen. In dem LKW ist dann auch noch Platz für Kleiderspenden. Spenden nimmt das Gemeindebüro der St.- Stephanie-Kirche, Stephaniekirchhof 8, Tel. 171128, entgegen.

Die Bremer Gedenkreise nach Minsk wird ausführlich dokumentiert und auch von einem Filmteam begleitet werden. Am 50. Jahrestag der Deportation soll dann im Bremer Rathaus eine Gedenkveranstaltung stattfinden, zu der auch zwei Überlebende der Minsker Juden-Vernichtung eingeladen wurden. Einer von ihnen, Hans Frank, gehörte zu den 570 deportierten Bremer Juden des Novembers 1941. Nach der Befreiung durch die Rote Armee war er zunächst nach Bremen zurückgekehrt und später nach Israel ausgewandert. Ase