Runder Tisch für Flüchtlinge in Sachsen

■ Leipzig reaktiviert Runden Tisch/ Sächsische Polizei soll aus Alt-BRD verstärkt werden/ Demonstration nach Überfall auf Flüchtlingsheim/ Neue Überfälle im Saarland/ Demos in Köln und Saarbrücken

Berlin (taz/dpa/ap) — Der erste „Runde Tisch für Asylbewerber“ in Sachsen ist am Montag in Leipzig gegründet worden. Beim ersten Treffen sprachen Asylbewerber mit den Ausländerbeauftragten der Landkreise und der Stadt Leipzig sowie Repräsentanten des Regierungspräsidiums über ihre Probleme und Ängste. Sie beklagten, daß sie als Asylbewerber ständig in Furcht vor Überfällen und Brandanschlägen lebten. Der Runde Tisch soll künftig alle drei Monate zusammenkommen.

Die zunehmende Gewalt gegen Ausländer überfordert nach Auffassung des neuen sächsischen Innenministers Heinz Eggert viele Polizisten in den neuen Bundesländern. Er kündigte an, künftig verstärkt Polizeioffiziere aus den alten Bundesländern nach Sachsen zu holen. Dazu würden schon in nächster Zeit Gespräche mit Baden-Württemberg und Bayern geführt, erklärte Eggert, der erst in der vergangenen Woche sein Amt antrat. Eine Gefährdung der inneren Sicherheit angesichts der Kette von Gewalttaten gegen ausländische Bürger besteht nach minister Eggerts Ansicht nicht. Bei der Überprüfung der Vorfälle habe er jedoch festgestellt, „daß viel auch dem Versagen der polizeilichen Führungskräfte zuzuschreiben war“.

Das sei keine Anklage gegen die Polizisten. „Sie werden psychologisch mit der augenblicklichen Situation nicht fertig“, erklärte der Minister. Es könne nicht gewartet werden, „bis sich unsere Sicherheitskräfte umgestellt haben“. Polizeioffiziere aus den alten Ländern sollten die sächsischen Kollegen anlernen und ihnen Zeit geben, sich der neuen Ansprüche an ihren Beruf bewußt zu werden.

Auch in Baden-Württemberg sollen Ausländer künftig mit mehr polizeilicher Präsenz und der Überwachung rechtsextremer Skinheads vor Gewaltakten geschützt werden. „Den extremistischen Brandstiftern muß mit allen Mitteln das Handwerk gelegt werden“, unterstrich Innenminister Dietmar Schlee am Montag in Stuttgart.

Alle Polizeireviere im Land wies er an, die Unterkünfte von Asylbewebern, Ausländern und Aussiedlern verstärkt zu schützen. Um bereits im Vorfeld Gewalttaten zu verhindern, soll der Verfassungsschutz seine Aufklärung gegenüber rechtsextremistischen und ausländerfeindlichen Aktivitäten intensivieren. Insbesondere Skinheads würden verstärkt beobachtet.

Fast 2.000 Menschen haben am Montag abend in dem kleinen Ort Seesen gegen Rassismus und Ausländerfeidlichekit demonstriert. Zu dem Schweigemarsch hatten Kirchen- und Jugendverbände aufgerufen, nachdem bei einem Brandanschlag in der letzten woche eine türkische und eine deutsche Familie fast verbrannt wären.

Doch trotz der zunehmenden öffentlichen Proteste kommt es nach wie vor noch zu Attentaten gegen Flüchtlinge und Fremde. In Saarbrücken hat ein Skinhead auf offener Straße und unter den Augen zahlreicher Passanten zwei schwarze Flüchtlinge mit einem Messer angegriffen. Der Überfall fand an einer Bushaltestelle statt. Ein Busfahrer verweigerte den schutzsuchenden Flüchtlingen den Zutritt zu seinem Linienbus, indem er sich weigerte, die Tür zu öffnen. Das saarländische Innenministerium kündigte Konsequenzen gegen den Busfahrer an.

In Saarbrücken ist für Samstag eine Demonstration gegen den Ausländerhaß geplant. In Köln soll bereits heute ein Demonstration stattfinden.