Miese ordentlich erwirtschaftet

■ Rechnungshof sieht „Dezemberfieber“ / 26 % der Steuerbescheide „fehlerhaft“

Über die ordentliche Haushaltsführung des Staates wacht der „Rechnungshof der Freien Hansestadt Bremen“. Der hat jetzt seinen Prüfbericht vorgelegt, auf über hundert Seiten Zustand und Defizite der ordnungsgemäßen Haushaltsführung aufgelistet.

Wichtigstes Prüfergebnis: Die Bremer Behörden leiden unter einem „Dezemberfieber“. Im Dezember, das weiß jede Schreibkraft, werden fürs nächste Jahr ordentlich Bleistifte gekauft, die noch vorhandenen Geldtöpfe werden geplündert, weil am 1. Januar das neue Haushaltsjahr beginnt und Reste verfallen. Im November/Dezember verdoppeln und vervierfachen sich die Ausgaben je nach Ressort gegenüber den Vormonaten. Ob das aber wirklich ein Verstoß gegen die Haushaltsordnung ist, so der Rechnungshof, könnten nur „gezielte Einzelprüfungen ergeben“.

Furore gemacht hat die Nutzung des Dienstwagens durch den Ehemann der Bundestagspräsidenin Süssmut. Der Bonner Skandal machte bundesweit Schlagzeilen — kann sowas auch in Bremen vorkommen, fragte der Bundesrechnungshof an. Kann nicht, hat jetzt der Bremer Rechnungshof geantwortet. Denn in Bremen regelt ein Schreiben seit 1957, daß Dienstwagen „zur persönlichen Verfügung“ gestellt werden. Wo kein Verbot ist, kann kein Verstoß sein. Was sagt der Rechnungshof dazu? Folgendes: „Der Rechnungshof legt dem Senat nahe, die Erlaubnis zur privaten (Mit)Benutzung, wenn sie gewollt ist, eindeutig durch Rechtsverordnung festzulegen...“

Stichproben beim Finanzamt Bremerhaven haben ergeben, daß das Finanzamt — geringfügige Fehler nicht mitgerechtnet — bei 55 von 254 überprüften Steuerbescheiden „fehlerhaft“ gearbeitet hat. Das entspricht einer Fehlerquote von immerhin 22 Prozent, bundesweit sind 4 Prozent tolerierbar, sagt der Rechnungshof. Folgert der Rechnungshof: „Aus der festgestellten Fehlerquote allein läßt sich noch keine Aussage über die Qualität der Arbeit der Veranlagungsstellen des Finanzamtes herleiten.“ Auch nicht daraus, daß —. wie in einem Fall passiert — „eine Steuerklärung ohne erkennbare Hinderungsgründe zwei Jahre nach Eingang noch nicht bearbeitet war.“ Immerhin gibt es vier Oberfinanzdirektionsbereiche in Deutschland, in denen die Steuerrückstände noch höher sind als in Bremen.

Also keine wesentlichen Beanstandungen. Die Schulden des Bundeslandes waren Ende 1990 auf 12,7 Milliarden Mark angewachsen, von den 3 Milliarden Steuereinnahmen flossen 783 Millionen als Zinslast den Banken zu. Also 26 Prozent. Auch beim „Staatsschuldenbuch“, so stellt der Rechnungshof fest, haben sich „Beanstandungen nicht ergeben“. K.W.