: DIE DRECKIGSTE ALLER WELTEN Von Karl Wegmann
Mit der alltäglichen Umweltverschmutzung haben wir zu leben gelernt. Wirklich ärgerlich wird es nur, wenn wir auch in den Ferien vom Wohlstandsdreck belästigt werden. So hat die alljährliche Urlaubsplanung längst eine neue Dimension angenommen. Wer heutzutage zum Beispiel am Mittelmeer Badeerholung sucht, steht vor einem immer größer werdenden Problem: Wo gibt es noch saubere Strände, und wo ist das Wasser noch halbwegs klar? Zu beachten sind Öl- und Algenteppiche, Fäkalieneinleitungen, diverse Schiffsunglücke und versenkter Giftmüll. Die Umweltminister und -beauftragten der Mittelmeer-Anrainerstaaten sitzen gerade in Kairo zusammen und überlegen, was zu tun ist. Zum Auftakt der viertägigen Konferenz machte der Direktor des UNO-Umweltprogramms, Mostafa Tolba, einen interessanten Vorschlag. Er forderte eine „Benutzergebühr“ für das Meer. Die Kosten für ein sauberes Mittelmeer sollen nach seiner Auffassung alle Verschmutzer — von der Industrie bis zu den Touristen — berappen, denn die Regierungen der Anrainerstaaten seien nicht in der Lage zu zahlen. Eine etwas gewagte Behauptung, denn alleine die französische Tourismusindustrie nimmt jährlich etwa 10 Milliarden Dollar ein. Für die verdreckten Küsten des Mittelmeers werden in den kommenden zwanzig Jahren aber jährlich „nur“ ein bis fünf Millarden Dollar benötigt, hat Tolba ausrechnen lassen. Die Umweltschützer von Greenpeace, die auch an der Konferenz in Kairo teilnehmen, halten nicht viel vom kleinlichen Herumdoktern am dahinsiechenden Meer. Die Öko-Kämpfer wollen eine radikale Lösung: Sie forderten alle 18 Anrainerstaaten auf, das gesamte Mittelmeer zur Schutzzone zu erklären.
Während sich alle mehr oder weniger bemühen, den Globus wieder zu säubern, schreitet die Verschmutzung des Alls weiter voran. Professor Peter Eichler von der Technischen Universität Braunschweig behauptete auf einem Raumfahrerkongreß in Montreal, die Kosmos-Verschmutzung habe eine kritische Schwelle erreicht und nehme noch zu, da immer größere Apparate im All ausgesetzt würden. In bestimmten Bereichen der Atmosphäre könne das Risiko, mit solchem Weltraumschrott zusammenzustoßen, so groß werden, daß die Raumfahrt für mehrere Jahrhunderte unmöglich werde. Nach Schätzungen Eichlers sind 7.200 Überbleibsel von der Erde aus zu beobachten, darunter Hunderte von Reststücken von etwa 3.200 Satelliten, die seit 1957 im All ausgesetzt wurden. Daneben kreisten mehr als eine Million Teile um die Erde, die vom Planeten nicht zu erkennen seien.
Sicher wird es in der nächsten Zeit eine Konferenz zum versauten Weltraum geben, Greenpeace wird eine Schutzzone fordern und das Rote Kreuz vielleicht das gesamte All zum Katastrophengebiet erklären, und wenn wir es in ein paar hundert Jahren geschafft haben werden, die letzten Bäume und Wale zu retten, können wir uns ruhig und besonnen an die Reinigung des Alls machen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen