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Neuer TV-Typ: Oma auf Motorrad

■ Eine Medientagung in Augsburg untersuchte „Frauenbilder im Fernsehen“

Wenn sich rund 60 Frauen (und auch ein paar interessierte Männer) aus Fernsehen, Werbung, Medienforschung treffen, um Frauenbilder im Fernsehen zu analysieren, so in der Hoffnung, daß sich in den über 15 Jahren seit der letzten einschlägigen TV-Studie von Erich Küchenhoff etwas an der klischeehaften Darstellung von Frauen geändert hat. Sind die Rollen immer noch so festgelegt wie bei der treusorgenden Hausfrau und Mutter Beimer, der lieben Oma Dormbusch oder dem verführerischen Biest Alexis? Ob das Fernsehen — analog zur gesellschaftlichen Entwicklung — neue Frauentypen anbietet, diese Fragen standen im Mittelpunkt einer dreitägigen Fachtagung in Augsburg, zu der die Bundeszentrale für politische Bildung eingeladen hatte.

Frauenbilder in der Werbung, Frauenbilder in Serien, Frauenbilder in Magazinen und Frauenbilder im Deutschen Fernsehfunk untersuchte man anhand von Beispielen. Die Einseitigkeit der Programmauswahl zugunsten westlicher Produktionen wurden allgemein bedauert. Bei den vier unter die Lupe genommenen DFF-Filmen fiel jedoch auf, daß Frauern hier weniger Sexobjekt und mit größerer Realitätsnähe dargestellt werden. Auch gäbe es mehr normale Durchschnittsgesichter als in vergleichbaren West-Produkten.

Die TV-Werbung, die nicht nur rein quantitativ eine immer größere Rolle im Programm spielt, sondern auch als eigene Filmkunstsparte an Anerkennung gewinnt, wurde anhand einzelner Spots untersucht. Zielsetzung der Medienwissenschaftlerin Brigitte Spiess, die das Projekt leitete, war, nach „fortschrittlichen Frauentypen“ zu fahnden. Positive „Neuentdeckungen“ waren für sie eine „jung gebliebene“, heimwerkende und motorradfahrende Oma und eine kokette „Femme fatale“, die ihr Alter nicht daran hindert, sich aufzudonnern und mit jungen Männern zu flirten. Neu ist auch die „coole Frau“, ein androgyner Typ, die trotz ihrer männlichen Züge von Frauen und Männern als erotisch empfunden wurde. Die „Neue Frau“ ist nicht mehr „nur“ schön und anlehnungsbedürftig, sondern auch erfolgreich und intelligent, sie spielt ihre Rolle mit Ironie und ist unabhängig vom Mann: eine positive Macho-Frau.

Werbung beeinflußt die Machart von Fernsehserien, die zum Teil sogar auf zwischengeschaltete Spots abgestimmt werden. Das Ergebnis der Suche nach positiven Frauenfiguren war hier für die Projektleiterin Angela Krewani enttäuschend: „Es gibt keine autonomen Frauenfiguren.“

Als Sendungen des „anderen Blicks“ wurden die Frauenmagazine Mona Lisa (ZDF), Nova (3sat), Sphinx (West 3), Frauenfragen (West 3) und Weiber von Sinnen (RTL plus) untersucht. Deren Ziele seien weitgehend übereinstimmend: Frauen weniger stereotyp darzustellen — die „Durchbrechung des Prinzips Männer handeln, Frauen kommen vor“, so die zuständige Redakteurin von Nova — zu verwirklichen. Ein gemeinsames Stilmittel der Magazine seien Satire und Ironie als „typische Ausdrucksform der Unterdrückten“. Fazit der Gruppe: Frauensendungen sollten überflüssig und das Männerfernsehen ein Menschenfernsehen werden.

Die TeilnehmerInnen der Tagung waren sich einig, daß sich Gleichberechtigung nur über ein verändertes Bewußtsein verwirklichen läßt. Solange aber die Entscheidung über Programminhalte in Redaktionsausschüssen und Gremien getroffen würden, die überwiegend von Männern besetzt seien, solange werde es bei frommen Wünschen bleiben. Strukturelle Veränderungen in den Programmanstalten — eine gleichberechtigte Vertretung von Frauen in allen am Entscheidungsprozeß beteiligten Bereichen — ist, so die bilanzierte Forderung, die Voraussetzung für die Verwirklichung der Utopie vom Menschenfernsehen, das Frauen integriert, ohne sie auf Kosten ihrer Eigenständigkeit einzuschränken. Sylvia Griss/epd

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