: Togos Demokraten in Bedrängnis
■ Furcht vor Militärputsch durch Anhänger des Ex-Diktators führt zu Straßenmobilisierung entlang ethnischer Linien
Berlin (taz) — Fällt die Demokratisierung in Togo, das erst vor sechs Wochen seine Militärdiktatur abgeschafft hat, nun ethnischen Konflikten zum Opfer? Der erneute Destabilisierungsversuch demokratiefeindlicher Militärs in den letzten Tagen hat gezeigt, wie instabil die junge, provisorische Regierung unter dem Rechtsanwalt Joseph Koffigoh noch ist, die das Erbe des ehemaligen Diktators und noch amtierenden Staatspräsidenten Gnassingbe Eyadema zu überwinden versucht.
Zu Unruhen kam es am Dienstag und am Mittwoch in der Hauptstadt Lome, nachdem Eyadema-treue Soldaten die Hotelresidenz Koffigohs in dessen Abwesenheit durchsucht hatten. Während sich Koffigoh und seine Minister aus Furcht vor den Soldaten versteckten, gingen Tausende Jugendlicher auf die Straße, um einem befürchteten Militärputsch zuvorzukommen. Sie plünderten Villen der alten Elite und errichteten Straßensperren.
Die jungen Demonstranten entstammten größtenteils dem südtogolesischen Ewe-Volk, ein Hauptträger der Demokratiebewegung in Togo. Sie nennen sich „Ekpemog“ — „Ekpe“ bedeutet „Stein“, und der komplette Name soll an die „Ecomog“ erinnern, die westafrikanische Interventionstruppe in Liberia, an der auch Togo beteiligt ist.
Gleichzeitig demonstrierten jedoch in mehreren Stadtvierteln Angehörige des nördlichen Kabye-Volkes, dem Eyadema angehört und das einen Großteil der noch Eyadema- treuen Streitkräfte stellt. Die Kabye marschierten in Kriegsbemalung mit Federbüschen und „traditionellen Waffen“, wie Speeren und Steinschleudern, durch die Straßen und sollen auch geplündert haben.
Während sich die zivile Polizei unsichtbar machte, entwickelten sich Straßenkämpfe, bei denen sieben Menschen ums Leben kamen. Auch Soldaten in Zivil waren daran beteiligt.
Daraufhin verbot Premierminister Koffigoh in der Nacht zum Donnerstag sämtliche Demonstrationen. Gestern patrouillierte in den Straßen Lomes das Militär. Somit hat die neue Regierung, die sich lediglich auf die Unterstützung durch die Straße stützt, eine entscheidende Kraftprobe gegen Eyademas Militärapparat verloren.
Doch in der Nacht zum Mittwoch hatte die Koffigoh-Regierung „befreundete Staaten“ aufgefordert, Togos junge Demokratie militärisch zu unterstützen.
Während international über Unterstützung aus Frankreich spekuliert wird, vermuteten Beobachter in Lome, der Appell richte sich eher an Ghana. Ghanas Grenze zu Togo verläuft nur wenige Kilometer westlich von Lome; außerdem gehören sowohl Koffigoh wie auch Ghanas Staatschef Jerry Rawlings dem Ewe- Volk an, dessen junge „Ekpemog“- Demonstranten sich jetzt als Hauptstütze der Regierung Togos erwiesen haben. D.J.
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