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Ränkespiele hinter Jelzins Rücken

Minister der Russischen Föderation treten zurück/ Forderung nach einer neuen russischen Regierung/ Im Brennpunkt des Streits: Die Rolle der russischen Föderation in der künftigen Union  ■ Aus Moskau Klaus H. Donath

Rußlands Vordermann Jelzin weilte gerade mal zehn Tage am Schwarzen Meer, da haben sich schon Mißgunst und Ränkespiele in den Korridoren des legendären „Weißen Hauses“ eingenistet. Noch kaum jemand kannte ihre Namen, da traten Wirtschaftsminister Jewgenij Sabulow und der Vorsitzende der Ökologiekommission Igor Gawril schon wieder zurück. Sabulow erklärte seinen Verzicht mit der Unfähigkeit der Regierungsmannschaft, der es an Arbeitsfähigkeit gebreche. Gemeinsame Strategien, um Reformen umzusetzen, seien immer noch nicht entworfen worden. Die Minister beschäftigten sich mit dem, was ihnen in den Kram passe, nur nicht mit dem „Wohle des Volkes“.

In die gleiche Kerbe haute auch Rußlands Vizepremier Alexander Rutskoi, der vor dem russischen Parlament klagte, keiner aus der Regierungsmannschaft trage Verantwortung: „Gesetzesberge werden aufgeschichtet, keiner allerdings führt sie aus, da es keinen effektiven Mechanismus staatlicher Kontrolle gibt.“

Doch das ist eine alte Leier, als Rücktrittsmotiv reicht sie bei weitem nicht aus. Der Konflikt liegt woanders. Stein des Anstoßes war das geplante Wirtschaftsabkommen zwischen den Restrepubliken der UdSSR, dessen Vorvertrag letzte Woche in Alma-Ata unterzeichnet worden war. Es soll die angeschlagene Union über den entbehrungsreichen Winter retten. Die Ministerriege wirft Sabulow vor, die Absichtserklärung eigenwillig unterzeichnet zu haben. Doch Sabulow hatte das Plazet des Präsidenten. Darüberhinaus seien die Vereinbarungen nachteilig für die russische Föderation. Die RSFSR würde von den anderen Republiken „gemolken“. Auch dieses Argument ist keine Frischware. Mangelnder Patriotismus als Pseudoargument.

Trotz ihrer analogen Lagebeschreibung gehören Rutskoi und Sabulow nicht dem gleichen Lager an, wie sich jetzt herausstellte. Schon seit dem 500-Tage-Sanierungsprojekt, das Jelzin letztes Jahr zu initiieren suchte, war nämlich eins klar: bevor man an die Erneuerung der politischen Strukturen einer Union dächte, müsse man die ökonomischen Rahmenbedingungen festklopfen. Erst darüber, so die Strategie, könne man den Republiken weitergehende Kompromisse entlocken. Gorbatschow wollte damals davon nichts wissen und beharrte auf dem Primat des Politischen. Jelzins engster Mitarbeiterstab steigt nun in die ausgewalzten Fußstapfen des zum politischen Statisten degradierten Altpräsidenten Gorbatschow. Der russische Ministerrat und das russische Präsidentenbüro koordinierten ihre Schritte. Sie annullierten Saburows Unterschrift und ermächtigten sich selbst, einen neuen Vertrag abzuschließen. Trotz Jelzins Dekret. Und Staatssekretär Gennadij Burbulis ließ das Parlament wissen, einem Wirtschaftsvertrag müsse eine politische Union vorausgehen. Außerdem solle Rußland die Rechtsnachfolge der UdSSR antreten.

Rutskoi verlautbarte, Rußland sei autark genug, um allein weiterzumachen oder einen Verbund nur mit zwei Republiken einzugehen. Russischer Isolationismus und imperiales Denken liegen noch immer dicht beieinander. Indes pfeifen es die Spatzen von den Dächern: Burbulis möchte seinen Status im Jelzin-Kreis verbessern. Der Chef hatte ihn nämlich zugunsten eines alten Freundes aus Swerdlowsker Sekretärszeiten bei der Regierungsbildung vernachlässigt.

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