piwik no script img

Unterm Strich

Die Ostberliner Akademie der Künste hat offenbar noch ein Jahr Galgenfrist, um sich über Fusionierungspläne Gedanken zu machen und/ oder gegen die derzeitigen Auflösungbestrebungen vonseiten des Berliner Senats neu zu organisieren. Im Berliner Sender RIAS diskutierten am Sonnabend die beiden Akademiepräsidenten Walter Jens (West) und Heiner Müller (Ost) mit Kultursenator Ulrich Roloff-Momin und dem Potsdamer Kulturstaatssekretär Jürgen Dittberner über die Zukunft der ehemaligen DDR-Akademie. Sie wird nur noch bis 1992 vom Bund und von Berlin finanziert. Roloff-Momin: „Wir haben also noch ein gutes Jahr Zeit.“ Dazu Heiner Müller: „Diese Zeit reicht uns und muß uns reichen, um zueinander zu kommen.“

Allerdings müsse sich die Ostberliner Institution nach den Worten Roloff-Momins „deutlich unterscheiden von dem, was sie in der alten DDR war“. Voraussetzung dafür sei außerdem, daß beide Akademien „aus ihrem inneren Bestand heraus aufeinander zugehen und Lösungen vorlegen, die sozusagen aus der Autonomie heraus geboren sind“. Walter Jens quittierte dies mit der Bemerkung: „Das ist ein Wort.“ Und Müller meinte: „Da der Senator offensichtlich keine Cowboystiefel trägt, geben wir ihm Zeit, seinen Standpunkt zu ändern.“

Für die Ostberliner Akademie und ihre Mitglieder sieht ihr Präsident jetzt nur eine „jakobinische Lösung“. „Alle sind zwar auf Lebenszeit gewählt, aber so geht es nicht weiter. Es sind außergewöhnliche Zeiten, da müssen auch außergewöhnliche Maßnahmen erlaubt sein.“ Der Kultursenator äußerte darauf Zweifel an deren Rechtsgültigkeit insbesondere am jüngsten Beschluß der Plenarversammlung der Ostberliner Akademie, wonach die Mitglieder aufgefordert wurden, ihre Mitgliedschaft zur Disposition zu stellen und Neuwahlen zu ermöglichen. „Wenn das eine Selbstauflösung bedeutet, wäre der Weg frei für eine Lösung abseits eines Staatsvertrages. Wenn aber nur ein Akademie-Mitglied juristische Schritte unternimmt, befürchte ich, daß alles wie ein Kartenhaus zusammenbricht.“

Walter Jens plädierte für ein Akademiemodell im Raum Berlin unter Einbeziehung des Landes Brandenburg. „Mit Brandenburg kann es eines Tages phantastisch sein.“ Müller sagte dazu: „Klar ist, daß wir ohne Brandenburg verloren sind.“ Jens nannte unter anderem Babelsberg, Wiepersdorf und Meseberg als mögliche Standorte. Insgesamt werde sich die (seine) Akademie „deutlich nach Osten orientieren“.

Barsch reagierte Jens auf die Äußerungen des Rechtsanwalts der Ostberliner Akademie, Rainer Geulen, der „umgehende Verhandlungen“ gefordert hatte. „So lasse ich nicht mit mir reden, nach dem Motto: ,Jens zum Rapport, marsch, marsch! Mein Vorschlag ist: Ein bißchen mehr Gespräche unter den Künstlern ohne Einschaltung von Rechtsanwälten.“

In London ist in der Hayword Galerie eine umfassende Ausstellung mit fast 200 Bildern von Henri Toulouse-Lautrec zu sehen: darunter Tierzeichnungen und Alltagszenen aus seinen Skizzenbüchern, Plakatentwürfe für das Moulin Rouge, frühe Kreidezeichnungen und sechs späte Ölgemälde.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen