Neues Steckenpferd-betr.: "Greenpeace: Öko-Manager in Klausur" (Interview mit Wolfgang Lohbeck), taz vom 8.10.91 und Interview mit Antje Vollmer, taz Anfang Oktober

betr.: „Greenpeace: Öko-Manager in Klausur“, (Interview mit Wolfang Lohbeck), taz vom 8.10.91 und Interview mit Antje Vollmer (taz Anfang Oktober)

Eine „Krise der Ökologiebewegung“ zu beschwören, droht zum neuen Steckenpferd der im Abbruch befindlichen grünen „Aufbruch“- Gruppe um Antje Vollmer und Bernd Ulrich zu werden. Bevor wir demnächst in taz, Kommune und anderswo mit einer Neuauflage des Streites um die „wahre Ökologie“ zwischen ihnen und ihren linken Widersachern traktiert werden, sollten die selbsternannten StreiterInnen für Mutter Erde folgendes bedenken: Die Ökologiebewegung kann, weil als „Bewegung“ schon seit Jahren nicht mehr existent, auch nicht in der Krise sein. In einer wesentlichen Krise sind auch nicht die aus der Ökologiebewegung hervorgegangenen Institutionen wie Umweltverbände, Öko-Institute oder die Grünen, was steigende Einnahmen, Mitgliederzuwächse und (bei letzteren) auch die jüngsten Wahlergebnisse bestätigen.

In der Krise sind nur diejenigen, die nicht verwinden können, daß sich die Institutionen längst — und wie ich meine, im Interesse ihres Selbsterhalts als Organisation, auch notwendigerweise — vom ökologischen Diskurs der siebziger/achtziger Jahre verabschiedet haben: Greenpeace und BUND als Ablaßhandel und Bezugsgruppe für die romantischen und „anti-kapitalistischen“ Sehnsüchte der gutverdienenden neuen Mittelschichten, die Öko-Institute als „alternative“, das heißt vor allem schlecht bezahlte Öko-Technokraten und die Grünen als Sammelbecken gesellschaftlich nicht integrierter Randgruppen, die sich weltanschaulich zwischen SPD und PDS verorten.

Sind also tatsächlich nur die Ökologen und ihr antiquitiertes Selbstverständnis in der Krise, so sollten wir uns erinnern, daß „Ökologie“ immer nur Metapher für ein Symptom von Modernisierungsfolgen war: der Erfahrung von Natur- und Selbstentfremdung. Statt sich in unnützen Rettungsversuchen für, dem ökologischen Denken längst entfremdeten Institutionen wie Greenpeace oder Grünen, zu verschließen, sollte bedacht werden, ob den Krisenphänomenen des beginnenden 21. Jahrhunderts überhaupt noch mit den Denk- und Handlungsschemata des ehemaligen ökologischen Diskurses begegnet werden kann. Ist dies nicht der Fall, so würde eine Frischzellenkur der Ökologie als bloßer Ökologismus das Gruselkabinett der spinnerten Ideologien der Links-Alternativen in diesem Lande nur um eine weitere bereichern. Harry Kunz, Hellenthal/Eifel